Reuters

Treffen der Finanzminister ganz im Zeichen von Corona-Folgen

08.09.2020
um 12:12 Uhr

- von Michael Nienaber und Christian Krämer

Berlin (Reuters) - Das erste physische Treffen der europäischen Finanzminister seit Monaten wird sich Vize-Kanzler Olaf Scholz zufolge vor allem um die Folgen der Coronavirus-Krise drehen.

Es gehe um die wirtschaftliche Lage und die Weiterentwicklung der EU, sagte der Bundesfinanzminister der Nachrichtenagentur Reuters mit Blick auf den geplanten 750 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbaufonds.

Die europäischen Staats- und Regierungschefs hatten im Juli nach zähen Verhandlungen das größte Finanzpaket in der Geschichte der EU geschnürt. Besonders hart von der Pandemie getroffene Staaten sollen von dem Aufbaufonds profitieren, was vor allem Italien und Spanien zugutekommt.

Scholz sagte, es gehe nun um die konkrete Umsetzung. "Die EU hat mit ihren jüngsten Beschlüssen einen großen Entwicklungsschritt gemacht. Um die Folgen der Corona-Krise zu bewältigen, nimmt die EU-Kommission erstmals in ihrer Geschichte in größerem Umfang Geld auf. Jetzt stellt sich als nächstes die Frage, wie dieses Geld wieder zurückgezahlt wird – da werden auch neue gemeinsame Einnahmen der Europäischen Union eine wichtige Rolle spielen." Die Kommission werde dazu nächstes Jahr Vorschläge machen. Möglich seien Emissionshandelserlöse, eine Finanztransaktionssteuer oder eine Digitalsteuer. Es müsse jetzt geprüft werden, was am besten funktioniere.

Gemeinsame Schulden der EU zur Krisenbekämpfung seien ein Integrationsschub, sagte Scholz vor dem Treffen mit seinen Amtskollegen am Freitag und Samstag in Berlin. "Das ist dann eine qualitativ weiterentwickelte, bessere Europäische Union, die mehr Handlungsmöglichkeiten hat - auch fiskalisch." Ziel sei es, dass die jetzt aufzunehmenden Mittel 2021, 2022 und 2023 ausgegeben würden.

MACHEN DIE USA BEI WELTWEITER STEUERREFORM MIT?

Unabhängig von dem Treffen der EU-Finanzminister hofft Scholz auf eine baldige Verständigung auf eine internationale Steuerreform. Unter dem Dach der Industriestaaten-Organisation OECD werden dazu momentan zwei Säulen angestrebt - eine globale Mindeststeuer und eine neue Verteilung der Besteuerungsrechte auf digitale Dienstleistungen. 137 Länder sind an den Beratungen beteiligt. Sollte eine Einigung zustande kommen, könnte es auf internationaler Ebene die größte Steuerreform seit fast 100 Jahren werden. So sollen die aktuellen Regeln an das Digitalzeitalter angepasst werden. "Das wird noch nicht die endgültige Regelung geben, aber so große Vorberatungen, dass man darauf setzen kann, dass wir bald zu einem Konsens kommen." Das würde helfen, internationale Handelskonflikte zu verhindern.

Viele Staaten bereiten parallel eigene Digitalsteuern vor, die vor allem zulasten der USA gehen dürften, wo die meisten Internet-Riesen wie Amazon und Facebook ihren Sitz haben. "Die Gespräche gehen Stück für Stück voran, und ich hoffe, im Oktober ein Grundgerüst der Reform zu erreichen", so Scholz.

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