Reuters

Zahlreiche Tote bei Kämpfen zwischen Armenien und Aserbaidschan

28.09.2020
um 07:12 Uhr

Jerewan/Baku (Reuters) - Bei den schwersten Kämpfen zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Bergkarabach seit 2016 sind am Sonntag zahlreiche Menschen getötet worden.

Die Behörden von Bergkarabach erklärten, 16 ihrer Militärs seien bei einem aserbaidschanischen Angriff gestorben und mehr als 100 verletzt worden. Aus Aserbaidschan hieß es, fünf Mitglieder einer Familie seien durch einen Angriff Armeniens ums Leben gekommen. Armenien verhängte Kriegsrecht und ordnete die Mobilmachung der männlichen Bevölkerung an. Die gleichen Maßnahmen kündete auch Bergkarabach an. Die Türkei sicherte Aserbaidschan ihre Unterstützung zu. Russland und auch Deutschland forderten die Konfliktparteien auf, die Waffen ruhen zu lassen.

Armenien und Aserbaidschan streiten seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion über die Zugehörigkeit von Bergkarabach, das hauptsächlich von Armeniern bewohnt wird und sich 1991 von Aserbaidschan lossagte.

Armenien warf Aserbaidschan am Sonntag vor, Bergkarabach aus der Luft und mit Artillerie beschossen zu haben. Die eigenen Truppen hätten daraufhin drei Panzer der gegnerischen Seite zerstört sowie zwei Hubschrauber und drei Drohnen abgeschossen. Aserbaidschan widersprach dem und erklärte, es habe auf einen armenischen Angriff reagiert. Man habe den Feind an der Front unter Kontrolle.

Das russische Außenministerium mahnte beide Seiten, den Beschuss sofort einzustellen und Gespräche aufzunehmen. Auch Deutschland und Frankreich riefen beide Länder zu einem Ende der Gewalt auf. Der Konflikt könne nur auf dem Verhandlungsweg gelöst werden, erklärte Bundesaußenminister Heiko Maas. Das Auswärtige Amt verwies in einem Reise- und Sicherheitshinweis darauf, dass "erneut Kampfhandlungen" im Gebiet zwischen der Region Bergkarabach und Aserbaidschan ausgebrochen seien: "Von Reisen in die Region und in das gesamte Grenzgebiet zu Aserbaidschan wird dringend abgeraten."

Die Türkei forderte Armenien auf, die Feindseligkeiten gegenüber Aserbaidschan zu beenden. Präsident Recep Tayyip Erdogan sicherte Aserbaidschan nach einem Telefonat mit Präsident Ilham Alijew "verstärkte" Solidarität seines Landes zu. Der russische Präsident Wladimir Putin telefonierte Amit dem armeninischen Ministerpräsidenten Nikol Paschinjan. Dieser forderte die internationale Staatengemeinschaft auf, eine Einmischung der Türkei in den Konflikt zu verhindern.

Obwohl das mehrheitlich christliche Armenien und das mehrheitlich muslimische Aserbaidschan 1994 einen Waffenstillstand schlossen, werfen sie sich regelmäßig gegenseitig Angriffe rund um Bergkarabach und entlang der gemeinsamen Grenze vor. Der Westen und die Länder der Region beobachten den Konflikt mit Sorge, da er den Südkaukasus zu destabilisieren droht, durch den wichtige Öl- und Gaspipelines verlaufen. Als der Konflikt im April 2016 neu aufflammte, kamen mindestens 200 Menschen ums Leben.