Reuters

Konjunkturerholung in Asien wohl wesentlich stärker als in Europa

21.10.2020
um 15:12 Uhr

Washington/Berlin (Reuters) - Asien wird sich nächstes Jahr nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds deutlich stärker von der Corona-bedingten Rezession erholen als Europa.

Bei der Eindämmung des Virus habe sich die Region vergleichsweise gut geschlagen, "vielleicht wegen der Erfahrung mit früheren Pandemien", sagte IWF-Experte Jonathan Ostry am Mittwoch in Washington. Zwar dürfte die Wirtschaftsleistung in der Region Asien/Pazifik, zu der auch Australien und Neuseeland gezählt werden, dieses Jahr um 2,2 Prozent einbrechen. Nächstes Jahr wird es dann aber wohl um 6,9 Prozent nach oben gehen.

Ein Hauptgrund dafür ist China, wo das Virus zuerst auftrat, aber mit rigiden Freiheitseinschränkungen schnell eingedämmt werden konnte. Zusammen mit Vietnam ist China eines der wenigen Länder der Region und weltweit mit spürbarem Wachstum in diesem Jahr. Auch 2021 dürfte die Volksrepublik einer der Zugkräfte sein, dann auch wieder mit Indien, das dieses Jahr überdurchschnittlich stark unter der Pandemie leidet. Ostry sagte, die Erholung werde von Land zu Land sehr unterschiedlich ausfallen. Wegen oft fehlender Sozialsysteme in der Region seien arme Menschen besonders in Mitleidenschaft gezogen. Auf dem Arbeitsmarkt hätten Frauen und Jüngere schlechte Chancen. "Die Ungleichheit in Asien wurde schon vor der Krise immer größer."

EUROPA 2021 NOCH DEUTLICH UNTER VORKRISENNIVEAU

Für Europa bleibt der konjunkturelle Ausblick dagegen mau. Die Erholung werde sich hinziehen und unterschiedlich stark ausfallen, hieß es in einer ebenfalls am Mittwoch veröffentlichten IWF-Studie. Dieses Jahr dürfte die Wirtschaft um sieben Prozent schrumpfen, sich nächstes Jahr dann um 4,7 Prozent erholen. Das Vorkrisenniveau wird also bei weitem noch nicht erreicht. Das größte Risiko für die europäischen Staaten ist laut IWF die zweite Welle an Infektionen im Herbst und Winter. Außerdem könnte ein harter Brexit ohne Handelsabkommen zwischen EU und Großbritannien der Wirtschaft zum Jahreswechsel einen weiteren Schlag versetzen.

IWF-Experte Alfred Kammer sagte, gegenüber früheren Schätzungen fehle Europa eine Wirtschaftsleistung von fast drei Billionen Euro. "Ein Großteil dieses Verlustes wird mittelfristig nicht wieder aufgeholt werden." Die Pandemie habe Europa hart getroffen - mit mehr als 240.000 Toten und umfangreichen Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Ohne die enormen Hilfen von Regierungen und Notenbanken wären die ökonomischen Folgen noch viel schlimmer ausgefallen. So seien europaweit mindestens 54 Millionen Jobs durch Notfallprogramme wie das Kurzarbeitergeld in Deutschland erhalten worden. "Ein vorschnelles Zurückziehen der Unterstützungsmaßnahmen könnte die Länder wieder in die Rezession ziehen - und vieles rückgängig machen, was bisher erreicht wurde."