Reuters

Bundesregierung will Zukunftstechnologien besser vor Ausverkauf schützen

22.01.2021
um 17:07 Uhr

Berlin (Reuters) - Deutschland will in zahlreichen Technologiefeldern Übernahmen von Investoren außerhalb der EU genauer unter die Lupe nehmen und bei Sicherheitsbedenken ein Veto einlegen.

"Die Bundesregierung muss genauer hinschauen dürfen, wenn durch ausländische Investitionen nationale oder europäische Sicherheitsinteressen betroffen sind", heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Papier des Wirtschaftsministeriums. Die Details seien innerhalb der Regierung mittlerweile abgestimmt worden. In den nächsten Wochen könnten Verbände und sonstige Experten dazu Stellung nehmen, bevor die sogenannte 17. Novelle der Außerwirtschaftsverordnung (AWV) ins Kabinett kommen soll.

Firmenbeteiligungen von Investoren etwa aus China oder den USA sollen künftig ab einer Schwelle von zehn Prozent geprüft werden - statt bisher 25 Prozent. Dies soll auf zahlreiche Zukunftstechnologien ausgedehnt werden, konkret: Künstliche Intelligenz, Robotik, automatisiertes Fahren und Fliegen, Luftfahrt, Halbleiter, Cybersicherheit, Quantentechnologie, Nukleartechnologie und 3D-Druck.

Im vergangenen Jahr hatte die Regierung als Reaktion auf die Coronavirus-Pandemie bereits Gesundheitsbereiche als besonders schützenswert definiert und auch hier mehr Prüfungen möglich gemacht - etwa bei Firmen, die Impfstoffe, Medikamente oder Schutzausrüstung entwickeln beziehungsweise herstellen. Sollten Investoren außerhalb der EU also im größeren Stil bei einem Hersteller von Beatmungsgeräten einsteigen wollen, kann der Staat dies mittlerweile leichter verhindern, wenn das Engagement gegen deutsche Sicherheitsinteressen verstößt.

WARNUNG VOR ABSCHOTTUNG

Mehrere Verbände hatten zuletzt kritisiert, Deutschland dürfe den Bogen nicht überspannen und sich abschotten, müsse vielmehr offen bleiben für ausländische Geldgeber. Sie stören sich an Eingriffen in private Eigentumsrechte. Laut Wirtschaftsministerium werden aber nicht einmal ein Prozent der überprüften Fälle untersagt. 2020 wurden insgesamt 160 Beteiligungen auf Sicherheitsbedenken geprüft, nachdem es 2019 erst 106 Fälle waren. Die meisten davon entfielen auf China und die USA.

Die geplanten Änderungen in Deutschland sind Teil europäischer Maßnahmen, die ebenfalls das Ziel haben, Firmenübernahmen stärker auf politisch-strategische Interessen abzuklopfen. Die sogenannte EU-Screening-Verordnung ist seit Oktober wirksam. Die deutschen Pläne setzen diese nun weitgehend um. Sie sollen im Sommer 2022 auf ihre Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit überprüft werden.