Reuters

Grüne fordern "echte Reform der Schuldenbremse"

26.01.2021
um 10:27 Uhr

Berlin (Reuters) - Den Grünen geht der Vorschlag von Kanzleramtschef Helge Braun für eine Aussetzung der Schuldenbremse für die kommenden Jahre nicht weit genug.

"Die ideologische Front bei der Union bröckelt. Gut so", sagte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Sven-Christian Kindler, am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. "Es ist richtig, die wirtschaftliche Erholung ab 2022 nicht durch eine Rückkehr zur restriktiven Schuldenbremse zu gefährden." Man dürfe aber nicht nur an den Symptomen für die nächsten Jahre herumdoktern. "Man sollte den Mut aufbringen für eine echte Reform der Schuldenbremse", sagte Kindler. Diese müsse ermöglichen, dass Nettoinvestitionen über Kredite finanziert werden könnten.

Die Grünen fordern bereits seit langem eine Reform der Schuldenbremse, mit der die Neuverschuldung des Bundes auf 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts begrenzt wird. Sie verbinden das mit dem Vorschlag einer neuen Investitionsregel, die schuldenfinanzierte Investitionen erlauben würde.

"Angesichts der historisch niedrigen Zinsen und des Investitionsstaus, der Klimakrise und der Digitalisierung muss der Staat deutlich mehr in den nächsten Jahren und Jahrzehnten investieren", sagte Kindler. Dieser attackierte Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. "Die Debatte ist jetzt da, aber wo ist eigentlich der Finanzminister Olaf Scholz?", sagte Kindler. "Der Bundesfinanzminister darf sich in dieser Debatte nicht verstecken. Wir brauchen mehr Möglichkeiten zur Finanzierung von Investitionen, und zwar dauerhaft."

Kanzleramtschef Braun hatte abweichend von der bisherigen Linie der Union im "Handelsblatt" eine Grundgesetzänderung ins Gespräch gebracht, um die Schuldenbremse für "die kommenden Jahre" auszusetzen. Dies sei nötig für eine Erholungsstrategie, der Wirtschaft, die unter anderem die Verlängerung der Garantie zur Deckelung der Sozialbeiträge bei 40 Prozent bis 2023 und den Verzicht auf Steuererhöhungen beinhalten würde.

Im vergangenen Jahr hatte der Bundestag die Schuldenregel für eine Rekordverschuldung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie sowohl für das Jahr 2020 wie auch für den Haushalt 2021 ausgesetzt. Im vorigen Jahr nahm der Bund rund 130 Milliarden Euro an zusätzlichen Schulden auf. Für dieses Jahr hat der Bundestag neue Kredite von bis zu 180 Milliarden Euro bewilligt.