Reuters

Ifo-Chef Fuest - Aussetzen der Schuldenbremse "nicht sinnvoll"

26.01.2021
um 11:27 Uhr

Berlin (Reuters) - Ifo-Präsident Clemens Fuest kritisiert die von Kanzleramtschef Helge Braun ins Spiel gebrachte Grundgesetzänderung für ein Aussetzen der Schuldenbremse.

"Die Schuldenbremse jetzt für mehrere Jahre auszusetzen und einen Abbauplan für das Defizit zu vereinbaren, halte ich nicht für sinnvoll, weil wir die Wirtschaftsentwicklung der kommenden Jahre nicht kennen", sagte Fuest am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. "Wenn die Wirtschaft sich schneller erholt als geplant, führt das nur dazu, dass das Geld leichtsinnig ausgegeben wird." Bei neuen konjunkturellen Rückschlägen könne auch die Abbauregel nicht eingehalten werden.

Die Schuldenbremse erlaube es, jährlich darüber zu entscheiden, ob sie angesichts der besonderen Lage ausgesetzt werden sollte. Das führe zu kritischer öffentlicher Debatte, lasse der Politik in schwieriger Lage aber genug Handlungsspielräume. "Es kann durchaus sein, dass 2022 noch einmal eine Ausnahme notwendig ist, aber das wissen wir heute noch nicht", sagte Fuest. "Falls ja, sollte man das im Bundestag debattieren und dann entscheiden." Grundsätzlich zwingt der Druck der Schuldenbremse die Politik dazu, ernsthaft über Prioritäten zu diskutieren und abzuwägen. Das sei hilfreich. "Die These von Braun, dass wir in den nächsten Jahren Investitionen erhöhen und keine Steuern erhöhen sollten, teile ich", sagte der Ifo-Chef. "Dafür brauchen wir aber die Grundgesetzänderung nicht, die er vorschlägt."

Braun argumentiert, dass die Schuldenbremse in den kommenden Jahren auch bei ansonsten strenger Ausgabendisziplin nicht einzuhalten sei. Deshalb sei es sinnvoll, eine Erholungsstrategie für die Wirtschaft in Deutschland mit einer Grundgesetzänderung zu verbinden, "die begrenzt für die kommenden Jahre einen verlässlichen degressiven Korridor für die Neuverschuldung vorsieht und ein klares Datum für die Rückkehr zur Einhaltung der Schuldenregel vorschreibt".