Reuters

Schweizer UBS legt Messlatte für europäische Banken hoch

26.01.2021
um 15:22 Uhr

Zürich (Reuters) - Die Corona-Krise hat sich für die UBS im vergangenen Jahr als Segen erwiesen.

Die heftigen Ausschläge an den Finanzmärkten spülten der größten Schweizer Bank so hohe Einnahmen in die Kassen, dass das Institut 2020 das beste Ergebnis seit der Finanzkrise verbuchen konnte. Diese Messlatte dürfte für den neuen Konzernchef Ralph Hamers zumindest kurzfristig schwer zu überspringen sein. Wie er der Bank weiteren Schub geben will, zeichnet sich zwar erst in Umrissen ab. Doch ohne Kostensenkungen dürfte es dabei kaum gehen. Nicht einfacher macht die Aufgabe, dass er sich in den Niederlanden mit einer Strafuntersuchung konfrontiert sieht.

Im vergangenen Jahr steigerte die UBS den Gewinn dank des Börsenbooms um 54 Prozent auf 6,6 Milliarden Dollar, wie der Zürcher Konzern am Dienstag mitteilte. Damit fuhr das Institut das beste Ergebnis seit 2015 ein, beim Vorsteuergewinn gar seit 2006. Die Eigenkapitalrendite lag mit 17,6 Prozent deutlich über dem selbst gesteckten Ziel. Davon sollen auch die Mitarbeiter und die Aktionäre etwas abbekommen. Die UBS stellte höhere Boni und ein neues Aktienrückkauf-Programm mit einem Volumen von bis zu vier Milliarden Franken in Aussicht.

Vor allem der Handel mit Aktien, Anleihen und Währungen brummte 2020. "Die Marktvolatilität und die Umschichtungen in den Portfolios haben uns in der Investmentbank eindeutig in die Hände gespielt", erklärte Hamers. Ausgerechnet in der Investmentbank, die von Anlegern wegen ihrer Risiken immer wieder in Zweifel gezogen wurde, verdreifachte sich das Ergebnis. Aber auch im Geschäft mit Profi-Anlegern wie Pensionskassen (Asset Management) verdiente das Bankhaus massiv mehr. Die Schlüssel-Division Vermögensverwaltung verbuchte ein solides Plus. Insgesamt sammelte das Institut bei den Kunden über 100 Milliarden Dollar an neuen Geldern ein, sodass die verwalteten Vermögen im Geschäft mit reichen Privatkunden und dem Asset Management auf den Rekordwert von 4,1 Billionen Dollar kletterten. Einzig im Geschäft mit kleineren Schweizer Privat- und Firmenkunden sank das Ergebnis, weil Wertberichtigungen für Kreditrisiken ins Kontor schlugen.

KOMMT EIN STELLENABBAU?

Die UBS legte als erste große europäische Bank Zahlen für 2020 vor. Zuvor hatten bereits die Wall Street-Häuser dank Ertragssprüngen in ihren Kapitalmarktsparten geglänzt. So schaffte etwa die mit den Schweizer Großbanken UBS und Credit Suisse am ehesten vergleichbare Morgan Stanley ein Rekordergebnis. Experten gehen davon aus, dass auch die Deutsche Bank, die vor allem im Anleihehandel eine führende Rolle spielt, die Erträge im Investmentbanking deutlich gesteigert hat. Das größte deutsche Geldhaus legt seine Zahlen Anfang Februar vor.

Doch trotz des deutlich über den Anleger-Erwartungen liegenden Abschlusses, der den Aktien ein deutliches Kursplus bescherte, dämpfte Hamers die Erwartungen an die weitere Entwicklung. In den ersten Wochen des neuen Jahres habe sich der gute Geschäftsverlauf zwar fortgesetzt. Doch die rekordtiefen Zinsen und die Unwägbarkeiten der Pandemie mahnten zur Vorsicht. Zudem dürfte das Handelsergebnis vorerst ein Ausreißer nach oben bleiben. Auf die Frage, ob sich die Profitabilität des vergangenen Jahre 2021 wiederholen lasse, sagte der Niederländer: "Nicht in vollem Umfang."

Einzelheiten seines Marschplans für das Institut stellte Hamers für das zweite Quartal in Aussicht. "Wir müssen ein bisschen pragmatischer sein und schneller Entscheidungen treffen", sagte der Manager, der das Steuer Anfang November von Sergio Ermotti übernommen hat. Er wolle die UBS, die als hierarchisch und komplex gilt, schlanker aufstellen. "Wir schauen gerade, wie wir die Organisation vereinfachen können und damit vielleicht auch Kosten aus der Organisation nehmen." Der tiefgreifende Umbau, den er der niederländischen ING verordnet hatte, kostete mehr als 10.000 Stellen. Auf der anderen Seite setzte er auf eine Digitalisierung des Unternehmens. Auch bei der UBS sieht er diesbezüglich noch großes Potenzial, auch im Kerngeschäft Vermögensverwaltung.

Dabei dürfte ihn seine Vergangenheit weiter beschäftigen. Die niederländische Justiz will einen 2018 beigelegten Geldwäsche-Fall bei ING neu aufrollen. Die Bank zahlte zur Beilegung des Falls damals die größte Geldwäschestrafe in der niederländischen Geschichte. Doch nun nehmen die Staatsanwälte Hamers Rolle erneut unter die Lupe. Finden sie genügend belastendes Material, droht ihm eine Anklage. Er werde in der Untersuchung voll kooperieren, sagte er. "Ich habe während meiner Amtszeit bei ING immer nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt und bin daher sehr zuversichtlich, dass dieser Fall zu einem guten Ergebnis kommen wird."