Reuters

Initiatoren von Wirecard-Sondergremium fordern bei BaFin-Reform großen Wurf

01.02.2021
um 15:22 Uhr

Berlin (Reuters) - Die Initiatoren des Untersuchungsausschusses zum milliardenschweren Wirecard-Bilanzskandal fordern von Bundesfinanzminister Olaf Scholz einen großen Wurf zur Reform der Finanzaufsicht.

Vertreter von FDP, Grünen und Linken sagten der Nachrichtenagentur Reuters am Montag, die BaFin als zuständige Behörde müsse dringend unabhängiger vom Finanzministerium werden. Um glaubwürdig einen Kulturwandel zu verkörpern, sollte eine externe Lösung für die Spitze der BaFin gefunden werden.

SPD-Kanzlerkandidat Scholz hatte am Freitag die Reißleine gezogen. BaFin-Präsident Felix Hufeld und Vize Elisabeth Roegele werden die Bonner Behörde verlassen. Am Dienstag sollen Details zur organisatorischen Neuaufstellung der Finanzaufsicht vorgelegt werden. Wer die BaFin künftig führen wird, ist aber noch offen.

"Scholz hat bis zum bitteren Ende seine schützende Hand über die BaFin-Spitze gehalten", kritisierte der Grünen-Finanzpolitiker Danyal Bayaz. Jetzt müsse der Bundestag bei der Suche nach einem Nachfolger beteiligt werden. Kandidaten sollten sich beispielsweise den Fragen des Finanzausschusses stellen, bevor sie ernannt würden. "Die große Koalition muss hier raus aus der Hinterzimmerpolitik. Neben fachlicher Kompetenz und Erfahrung braucht es vor allem eine Person, die einen Kulturwandel bei der BaFin einleiten kann - das spricht für eine externe Lösung."

Fabio De Masi von den Linken sagte, die BaFin brauche mehr Unabhängigkeit und eine "forensische Elitetruppe", um Bilanzskandale aufdecken zu können. Wirecard war im Juni in die Pleite gerutscht, nachdem riesige Luftbuchungen bekanntwurden. Über unsaubere Praktiken hatten einige Medien aber schon Jahre vor der Insolvenz des Zahlungsabwicklers berichtet. Die BaFin ging dennoch vor allem gegen Journalisten vor und verhängte zudem ein Verbot sogenannter Leerverkäufe - Wetten auf fallende Kurse. Damit stützte sie de facto Wirecard.

Scholz kündigte in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" "klare Konsequenzen" an. Sein Ministerium stehe für Transparenz. Er fürchte deswegen auch keinen Schaden für seine Kanzlerkandidatur.

FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar kritisierte, dass die SPD im parlamentarischen Untersuchungsausschuss nur bis Ende April Zeugen anhören will, was das Thema aus dem Wahlkampf heraushalten könnte. Das passe nicht zum selbst erklärten Image von Scholz als Aufklärer. Nur Medien und der U-Ausschuss zeigten auf, was bei der BaFin schiefgelaufen sei. "Scholz hat dazu nichts beigetragen. Er muss sich jetzt klar dazu bekennen, dass er als verantwortlicher Minister dem Ausschuss bis zum Ende der Wahlperiode zur Verfügung steht und nicht nur bis April."

Wirecard AG

WKN 747206 ISIN DE0007472060