Reuters

Sparkassen kämpfen gegen Gewinnrückgang - Für Kunden wird es teurer

16.02.2021
um 15:42 Uhr

Münster/Berlin (Reuters) - Sparkassen-Kunden müssen sich auf steigende Gebühren einstellen.

Denn wie in weiten Teilen Deutschlands versuchen auch die Institute in Westfalen-Lippe und im Osten, den wegen der Niedrigzinsen sinkenden Zinsüberschuss in anderen Bereichen auszugleichen. So hätten einige Sparkassen im vergangenen Jahr ihre Girokonten verteuert, sagte Vizepräsident Jürgen Wannhoff vom Sparkassenverband Westfalen-Lippe (SVWL) am Dienstag. "Ich rechne fest damit, dass auch in den nächsten Monaten Preisanpassungen erfolgen werden." Beim Ostdeutschen Sparkassenverband (OSV) erwartet man ebenfalls, dass die Kunden für Leistungen künftig mehr bezahlen müssen. "Ich kann das nicht ausschließen", sagte OSV-Geschäftsführer Wolfgang Zender. Der Spielraum für höhere Preise sei aber - etwa im Gesamtmarkt und im europäischen Vergleich - moderat.

Den Geldhäusern macht die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zu schaffen. Denn ihr größter Ertragsbringer, der Zinsüberschuss, sinkt seit längerem. Hier müssten sich die Sparkassen unabhängiger machen, indem sie etwa das Provisionsgeschäft steigerten, sagte Wannhoff. Dies reiche aber bei den rund 45 Ost-Instituten bei weitem nicht aus, um die Einbrüche auf der Zinsseite auszugleichen, sagte OSV-Manager Zender. "Der Zinsüberschuss bröckelt und bröckelt."

Dies drückte auch im Corona-Jahr 2020 den Gewinn. Das Betriebsergebnis vor Bewertung sank bei den 57 westfälischen Sparkassen um 1,1 Prozent auf 1,17 Milliarden Euro sowie bei den Instituten aus Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern um 3,5 Prozent auf 1,15 Milliarden Euro und damit das dritte Jahr in Folge. Seit 2018 hätten die Ost-Sparkassen rund 166 Millionen Euro Gewinn eingebüßt, sagte OSV-Präsident Michael Ermrich. Mit ähnlich viel Geld hätten die Institute in den vergangenen rund dreieinhalb Jahren Kultur, Sport, soziale Projekte und Bildung unterstützt. Der Gewinn dürfte auch 2021 sinken, sagte Zender.

In Westfalen-Lippe und im Osten verzeichneten die Institute im vorigen Jahr jeweils Rekorde bei Krediten und Einlagen. "Die Sparkassen wurden geradezu mit Ersparnissen geflutet", sagte OSV-Manager Zender. Was in normalen Zeiten kostengünstige Liquidität bedeute, führe aber seit sechs Jahren wegen der Niedrigzinsen zu Extra-Belastungen. "Unseren Sparkassen fehlen Möglichkeiten, diese Gelder zu investieren beziehungsweise zinsbringend anzulegen", sagte OSV-Präsident Ermrich. Die Politik der EZB gefährde letztlich das Geschäftsmodell der Sparkassen. Die Banken verhängen auch zunehmend Minus- oder Strafzinsen, die sie freilich verharmlost "Verwahrentgelte" nennen. "Wir müssen uns zur Wehr setzen", sagte Zender vor allem mit Blick auf Neukunden, die hohe Einlagen in Sparkassen tragen.

SVWL-Präsidentin Liane Buchholz setzt derweil auf mehr Tempo bei Zusammenschlüssen und Fusionen im öffentlichem Bankensektor. "Corona hat wie ein Brennglas den Kostendruck deutlich gemacht." Buchholz forderte mehr Geschwindigkeit zur Schaffung eines Zentralinstituts - aber auch bei der Konsolidierung der Versicherer, der Landesbausparkassen sowie kleinerer Dienstleister, die unter dem Sparkassen-Logo mit dem roten "S" arbeiteten. "Wir brauchen für das Spitzeninstitut eine ganz klare strategische Ausrichtung", sagte Buchholz. Die Sparkassen hatten im März 2020 die Fusionsgespräche zwischen der Landesbank Hessen-Thüringen(Helaba) und der Fondsgesellschaft Deka auf Eis gelegt. Zur Begründung verwies der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Helmut Schleweis, damals auf die Corona-Krise.