Reuters

Hunderttausende protestieren in Myanmar erneut gegen Militär-Machthaber

18.02.2021
um 09:57 Uhr

(Reuters) - Knapp drei Wochen nach dem Putsch in Myanmar setzen Tausende Demonstranten ihre Proteste gegen das Militär fort.

Einen Tag nach den bisher größten Kundgebungen gingen am Donnerstag wieder Zehntausende Menschen in Yangon, Mandalay und Bagan auf die Straße und versuchten auch an wichtigen Kreuzungen den Verkehr lahmzulegen. Viele Autofahrer in Yangon fuhren deshalb im Schneckentempo. Am Mittwoch hatte viele eine Panne simuliert, um Polizei- und Armeefahrzeuge zu blockieren. "Ich möchte nicht in einer Diktatur aufwachen. Wir wollen nicht den Rest unseres Lebens in Angst leben," sagte der langsam fahrende Demonstrant Ko Soe Min. "Ich bin froh, wenn die Regierungsbeamten zu spät oder gar nicht zur Arbeit kommen können."

Das Militär hatte am 1. Februar die Regierung gestürzt und De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi festgenommen. Deren Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) hatte für Mittwoch zu Großkundgebungen im ganzen Land aufgerufen. Am Abend erließ die Junta unter einem Anti-Aufwiegelungsgesetz Haftbefehle gegen sechs Prominente, darunter Filmregisseure, Schauspieler und einen Sänger, weil sie Beamte zur Teilnahme an den Protesten ermutigt hatten. Die Anklagen können zu einer zweijährigen Gefängnisstrafe führen. "Es ist erstaunlich, die Einigkeit unseres Volkes zu sehen. Die Macht des Volkes muss zum Volk zurückkehren," schrieb der Schauspieler Lu Min, der auf der Fahndungsliste des Militärs stand, auf seiner Facebook-Seite.

Eine Aktivistengruppe, die die sozialen Medien überwacht, erklärte, dass seit dem 9. Februar in etwa 90 Prozent der Städte und Gemeinden des Landes irgendeine Art von Protest gepostet wurde. Das Militär hingegen beteuert, dass die Mehrheit der Menschen hinter ihm stehe. Der Sprecher der Militärregierung, Brigadegeneral Zaw Min Tun, hatte am Dienstag erklärt, 40 der 53 Millionen Einwohner Myanmars unterstützten das Vorgehen des Militärs. Seit 6. Februar gab es täglich Protestkundgebungen. Teilweise kamen Hunderttausende Menschen zusammen. Sie fordern die Freilassung Suu Kyis und des abgesetzten Präsidenten Win Myint, der ebenfalls am Tag des Putsches festgenommen wurde.

Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi ist angeklagt, weil sie sechs Funkgeräte illegal eingeführt und genutzt haben soll. Am Dienstag wurde die 75-Jährige bei einer Anhörung vor Gericht per Video-Schaltung zudem angeklagt, weil sie gegen das Gesetz zum Umgang mit Naturkatastrophen verstoßen haben soll. Die nächste Anhörung ist für den 1. März angesetzt.