Reuters

Europas Börsen auf Richtungssuche

19.02.2021
um 11:12 Uhr

Frankfurt (Reuters) - Nach mehreren Tagen mit Kursverlusten kehren einige Anleger in die europäischen Aktienmärkte zurück. Dax und EuroStoxx50 stiegen am Freitag um jeweils etwa ein halbes Prozent auf 13.964 beziehungsweise 3700 Punkte.

Der jüngste Kursrücksetzer sei lediglich eine Pause der Aktienrally und keine Trendwende, sagte Analyst Jeffrey Halley vom Brokerhaus Oanda. "Keine Notenbank der Welt denkt derzeit daran, den Fuß vom geldpolitischen Gas zu nehmen. Die Finanzmärkte werden das gesamte Jahr 2021 mit billigem Notenbankgeld geflutet und ein Großteil davon wird in Aktien fließen."

Mut machte Investoren außerdem der Optimismus in den Unternehmen. Die Stimmungsbarometer der deutschen und der europäischen stiegen dank eines Aufschwungs in der Industrie überraschend stark. Die Aussichten im Dienstleistungssektor blieben wegen der Pandemie-Beschränkungen zwar trübe, sagte Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank. Die Industrie werde aber wohl weite Teile der dortigen Verluste kompensieren können. "Die konjunkturelle Belastung des Virus wiegt deshalb nicht so groß wie etwa in den Frühjahrsmonaten des zurückliegenden Jahres."

INFLATIONSSORGEN BLEIBEN - BUNDESANLEIHEN UNTER DRUCK

Allerdings wachse unter Investoren die Sorge vor einer anziehenden Inflation, warnte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. "Die Unternehmen sehen im Einkauf höhere Preise und könnten geneigt sein, diese am Ende an ihre Kunden weiterzureichen. Auf den Lockdown-Schock könnte ein Preis-Schock folgen."

Vor diesem Hintergrund trennten sich Anleger von ertragsschwachen Staatsanleihen. Dies trieb die Rendite der zehnjährigen Bundestitel auf ein Achteinhalb-Monats-Hoch von minus 0,315 Prozent.

KUPFER IM AUFWIND - ÖLPREIS AUF TALFAHRT

Am Rohstoffmarkt deckten sich Investoren aus Angst vor einem Angebotsengpass mit Kupfer ein. Das wichtige Industriemetall gewann bis zu 2,2 Prozent und war mit 8737 Dollar je Tonne so teuer wie zuletzt vor neun Jahren. Die Kupferbestände in den Lagern der Rohstoffbörse LME liegen mit 76.025 Tonnen nahe ihren Tiefs von 2005.

Abwärts ging es dagegen mit dem Ölpreis. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 0,7 Prozent auf 63,50 Dollar je Barrel (159 Liter). Durch die fehlende Nachfrage texanischer Raffinerien, die wegen der dortigen Wetter-Kapriolen geschlossen seien, müsse in den kommenden Wochen trotz der Förderausfälle mit steigenden US-Rohölbeständen gerechnet werden, prognostizierten die Analysten der ANZ Bank.

TEXAS-WETTERCHAOS VERURSACHT BEI RWE ZUSATZKOSTEN

Der Kälteeinbruch im US-Bundesstaat Texas setzte auch RWE zu. Der Versorger warnte vor Belastungen für sein Geschäft mit Erneuerbaren Energien. Vor diesem Hintergrund würden die Markterwartungen für den operativen Konzerngewinn 2021 voraussichtlich um zehn Prozent zurückgehen, kommentierte Analyst Ahmed Farman von der Investmentbank Jefferies. Er wies außerdem darauf hin, dass der dänische Ökostrom-Anbieter Orsted in Texas engagiert sei. Dessen Aktien fielen um 0,3 Prozent. RWE-Papiere verbilligten sich um knapp zwei Prozent.

Die Titel der Allianz stiegen dagegen um 1,5 Prozent. Der Versicherer habe vor dem Hintergrund Pandemie-bedingt schwierigen Branchenumfelds ein gutes Ergebnis abgeliefert, lobte DZ Bank-Analyst Thorsten Wenzel.