Reuters

Experten fordern zahlreiche Änderungen an Wirecard-Gesetzentwurf

15.03.2021
um 10:12 Uhr

Berlin (Reuters) - Der Gesetzentwurf mit den Konsequenzen aus dem milliardenschweren Wirecard-Bilanzskandal stößt bei vielen Experten auf Kritik.

Zwar begrüßen viele Fachleute das Ziel, einen ähnlichen Finanzskandal in Zukunft verhindern zu wollen. Im Detail haben sie aber zahlreiche Änderungswünsche, wie aus Stellungnahmen hervorgeht, die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegen. In einer öffentlichen Sitzung des Finanzausschusses werden die Experten am Montag im Bundestag angehört.

Das Institut der Wirtschaftsprüfer bemängelt, dass der Entwurf die Branche erheblich beeinträchtigen würde. "Dies resultiert insbesondere aus der unverhältnismäßigen Ausweitung einer unbegrenzten, nicht versicherbaren und unbegrenzbaren Haftung des Abschlussprüfers bereits bei grober Fahrlässigkeit."

Der Finanzexperte Jan Krahnen kritisierte, die Stärkung der Aufsichtsbehörde BaFin gehe nicht weit genug. Sie sollte für alle Bilanzprüfungen zuständig sein und unabhängig vom Finanzministerium agieren. "Der BaFin wird gegenwärtig nur in gravierenden Einzelfällen, sogenannten Anlassprüfungen, das Recht eingeräumt, selbstständig tätig zu werden." Die viel häufigeren Regelprüfungen dagegen sollen unverändert außerhalb der BaFin von der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) ausgeführt werden. Dies sei kontraproduktiv. Die DPR argumentiert dagegen, das zweistufige Verfahren habe sich grundsätzlich bewährt, es dürfe nicht nur am Extremfall Wirecard gemessen werden. Beiden Behörden wird Versagen vorgeworfen.

Wirecard war im Juni 2020 nach Bekanntwerden milliardenschwerer Luftbuchungen in die Pleite gerutscht. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Bilanzfälschung, Betrug, Marktmanipulation und Geldwäsche. Die Bundesregierung will mit dem sogenannten Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG), das im Dezember vom Kabinett gebilligt wurde, der BaFin mehr Durchgriffsrechte bei Bilanzprüfungen geben und Wirtschaftsprüfer enger an die Leine nehmen. Allerdings pocht die Union im parlamentarischen Verfahren auf Änderungen des in SPD-geführten Ministerien ausgearbeiteten Entwurfs. Konkret sollte der Union zufolge die BaFin künftig allein für die Bilanzkontrolle zuständig sein. Handlungsbedarf sieht sie auch bei der Geldwäscheaufsicht. Zudem geht die schärfere Haftung der Wirtschaftsprüfer CDU/CSU zu weit.

Wirecard AG

WKN 747206 ISIN DE0007472060