Reuters

Spahn kündigt Verhandlungen über Sputnik-V-Ankauf an

08.04.2021
um 15:47 Uhr

- von Andreas Rinke

Berlin (Reuters) - Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat am Donnerstag angekündigt, dass Deutschland einen Vertrag mit dem Hersteller des russischen Impfstoffs Sputnik V abschließen will.

Gegenüber dem WDR 5 bestätigte Spahn damit einen Reuters-Bericht von Mittwochabend. Eingesetzt werden soll der Impfstoff aber erst nach einer Zulassung durch die europäische Arzneimittelbehörde EMA. "Das ist der richtige Weg, ich begrüße das Vorgehen des Bundes", sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) der Nachrichtenagentur Reuters. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) und ihr sächsischer Kollege Michael Kretschmer (CDU) sprangen Spahn bei.

Nach Bayern hatte allerdings auch Mecklenburg-Vorpommern angekündigt, sich über einen eigenen Vertrag eine Million Impfdosen von Sputnik V sichern zu wollen. "Weil bisher nicht klar war, ob der Bund sich eine Option sichert, habe ich unseren Gesundheitsminister schon vor einiger Zeit darum gebeten, eigenständig in Gespräche über Sputnik-Optionen einzutreten", sagte Ministerpräsidentin Schwesig dazu zu Reuters. "Noch besser wäre natürlich, wenn der Bund das zentral für ganz Deutschland macht."

Spahn hatte das deutsche Vorgehen am Mittwochabend im Kreis der EU-Gesundheitsminister bekanntgegeben, nachdem die EU-Kommission erneut kein Interesse an einem Vorvertrag zu Sputnik V signalisiert hatte. Nun müsse man darüber reden, wann überhaupt welche Mengen kommen könnten, sagte der CDU-Politiker im WDR 5. "Wissen Sie, im vierten Quartal oder 2022 kann man auch noch Sputnik V vielleicht brauchen, aber um wirklich einen Unterschied zu machen, in unserer aktuellen Lage, müsste die Lieferung schon in den nächsten zwei bis vier-fünf Monaten kommen, ansonsten haben wir so oder so mehr als genug Impfstoff", sagte Spahn. Er erwarte eine verbindliche Aussage, wann welche Menge konkret nach einer Zulassung auch Deutschland erreichen könnte.

Nach Informationen von Reuters wird die Taskforce Impfstoffproduktion der Bundesregierung nun Gespräche mit dem Hersteller des russischen Impfstoffs Sputnik V führen. Dabei gehe es auch um weitere Produktionsstätten in Deutschland, hieß es in Regierungskreisen. Der Taskforce gehören Vertreter des Gesundheits-, Wirtschafts- und Finanzministeriums an.

PROBLEME MIT DEM IMPFSTOFF IN DER SLOWAKEI

Sachsens Ministerpräsident Kretschmer betonte sein Vertrauen in den russischen Impfstoff. "Russland ist ein großes Land der Wissenschaft und ich habe nicht die geringsten Zweifel, dass die dortige Wissenschaft imstande ist, einen leistungsfähigen Impfstoff herzustellen", sagte der CDU-Politiker zu Reuters. Er werde das Thema bei seinem Moskau-Besuch Ende des Monats ansprechen.

Allerdings gibt es weiter Zweifel an der Qualität des Impfstoffes. Die slowakische Arzneimittelagentur SUKL teilte am Donnerstag mit, dass die Lieferung an Impfdosen nicht dem Inhalt entspreche, der von der EMA und der Medizin-Zeitschrift "The Lancet" analysiert worden sei. Das EU-Land hatte 200.000 Dosen bestellt und erhalten, aber noch nicht eingesetzt.

Die EMA wird laut einem Medienbericht kommende Woche untersuchen, ob die russischen klinischen Studien wissenschaftlichen und ethischen Standards für die Entwicklung der Impfstoffe entsprochen haben. Die "Financial Times" berichtete von Zweifeln, dass alle Standards eingehalten worden seien. Die Firma widersprach auf Twitter.

STREIT UM SONDERWEGE

Unterdessen gibt es Streit um die Sonderwege einiger Bundesländer, vor allem Bayerns, bei Sputnik V. "Ich habe immer gesagt, dass entweder die EU oder die Bundesregierung hier vorangehen sollten", sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff. In Deutschland sei der Bund für die Impfstoffbeschaffung zuständig. Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) betonte, dass der Bund die Verantwortung habe. Kritik erntete vor allem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) für seine Ankündigung, dass Bayern selbst einen Vertrag für die Lieferung von 2,5 Millionen Impfdosen Sputnik V für den Freistaat abschließe. "Wir halten uns an das vereinbarten Verfahren. Dass das ausgerechnet derjenige Kollege macht, der ansonsten mit markigen Worten immer ein betont einheitliches Verhalten in der Pandemie-Bekämpfung fordert, das spricht doch für sich", sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) im ZDF. hinzu. Auch der Vorsitzende der ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, äußert Kritik im ZDF an dem bayerischen Alleingang.