Reuters

Insider - RWE könnte AKW-Klage bei Stiftungsmodell kippen

23.11.2015
um 12:26 Uhr

- von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz und Vera Eckert

Düsseldorf (Reuters) - In die Bemühungen um eine Einigung zwischen der Politik und den AKW-Betreibern auf die Abwicklung der Kernenergie kommt Bewegung.

"Wir stehen der Idee einer Atomstiftung grundsätzlich sehr aufgeschlossen gegenüber", sagte eine mit den Überlegungen von RWE vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. Bei den Beratungen könnte auch über die milliardenschweren Schadenersatzklagen gegen den Bund wegen des Atomausstiegs gesprochen werden. "Ein Rückzug der Klage ist ein möglicher Verhandlungsgegenstand." RWE, E.ON und Vattenfall fordern Schadenersatz in insgesamt zweistelliger Milliardenhöhe für den beschleunigten Atomausstieg in Deutschland. RWE lehnte am Montag eine Stellungnahme dazu ab.

Die Bundesregierung hat eine Kommission eingesetzt, die bis Anfang kommenden Jahres Vorschläge machen soll, wie die Verschrottung der Meiler und die Entsorgung des Jahrtausende strahlenden Mülls organisiert werden kann. "Wir wünschen uns, dass alles in einer Stiftung geregelt wird: Rückbau, Zwischenlagerung und Endlagerung", sagte der Insider. Auch aus Kreisen anderer AKW-Betreiber war in der Vergangenheit zu hören, dass eine Stiftung eine möglichst breite Palette der ungeklärten Fragen abdecken soll.

ANTEILE AN URANFIRMA URENCO KÖNNTEN IN STIFTUNG FLIESSEN

Die Konzerne seien bereit, ihre milliardenschweren Rückstellungen einzubringen, hieß es. Im Gegenzug wollen sie aber vor späteren Zusatzkosten, etwa für eine womöglich noch Jahrzehnte dauernde Suche nach einem Atommüllendlager, geschützt werden. Das sei ein neuralgischer Punkt, sagte der Insider. RWE stehe zu seinen Verpflichtungen. "Wir haben rund 10,4 Milliarden Euro an Kernenergierückstellungen in unserer Bilanz stehen, für Rückbau und Entsorgung."

Ingesamt belaufen sich die Rückstellungen der vier AKW-Betreiber in Deutschland - RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall - auf mehr als 38 Milliarden Euro. In welcher Form diese in eine Stiftung eingebracht werden könnten, ist offen. Zudem gibt es Forderungen von Umweltschützern, die Rückstellungen nicht in eine Stiftung fließen zu lassen, an der sich der Staat beteiligt, sondern in einem Fonds zu sichern. Damit sollten die Mittel vor einer eventuellen Pleite der Konzerne geschützt werden.

In eine Stiftung könnten die Kernkraftwerke eingebracht werden, so lange diese noch betrieben würden, sagte der Insider. RWE könne zudem sowohl Finanz-Vermögenswerte einfließen lassen, zum Beispiel Cash, als auch Minderheitsbeteiligungen. Dazu gehöre auch die Beteiligung an der Uranfirma Urenco. "Hier gibt es ja auch eine inhaltliche Überschneidung mit dem Nuklear-Thema." RWE und E.ON halten zusammen ein Drittel der Anteile an der Firma. Sie wollen diese verkaufen. Eine Veräußerung gilt als schwierig. Die übrigen Anteile gehören Großbritannien und den Niederlanden.

Im Extremfall könnten laut dem Insider auch Aktien der Versorger eingebracht werden. "Letztlich muss das aber im Dialog mit der Politik geklärt werden." Im Hauruck-Verfahren sollten die Mittel aber nicht übertragen werden. "Für uns macht es einen Riesenunterschied, ob so etwas in einem Jahr oder in sieben Jahren erfolgen müsste." Möglich wäre etwa ein Transfer bis 2022, wenn die letzten Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz gehen sollen.

ENBW ENERGIE BAD.-WUE. ON

WKN 522000 ISIN DE0005220008

RWE AG INH O.N.

WKN 703712 ISIN DE0007037129

VALIANT HLDG NA SF 0,50

WKN 157770 ISIN CH0014786500