Reuters

"Kandidat der Armen" vor Gewinn der Präsidentenwahl in Peru

14.06.2021
um 07:17 Uhr

Lima (Reuters) - Bei der Präsidentenwahl in Peru zeichnet sich ein äußerst knapper Sieg des Sozialisten Pedro Castillo ab.

Die Bürger hätten sich entschieden, sagte der 51-jährige ehemalige Grundschullehrer vor Anhängern. Nach Angaben der Wahlkommission kommt Castillo nach Auszählung von 99,935 Prozent der Wahlzettel auf eine Zustimmung von 50,14 Prozent. Das entspricht einem Vorsprung von etwa 49.420 Stimmen in dem Land mit seinen rund 31 Millionen Einwohnern. Sollte sich das Ergebnis bestätigen, würde der weltweit zweitgrößte Kupferproduzent politisch stark nach links rutschen. Unklar ist, ob die konservative Herausforderin Keiko Fujimori einen Sieg Castillos anerkennen würde. Sie hat bereits von Wahlbetrug gesprochen.

Castillo hatte im Wahlkampf erklärt, die Rolle des Staates stärken und Schlüsselindustrien verstaatlichen zu wollen. Seine Partei "Free Peru" beschreibt sich selbst als marxistisch-leninistisch. Die Finanzmärkte begegnen dem Sohn eines Kleinbauern deshalb mit Skepsis. Fujimori indes hatte erklärt, auf einen freien Markt zu setzen, um die wirtschaftliche Stabilität des Landes zu sichern. Entsprechend wurde Castillo als "Kandidat der Armen" tituliert, Fujimori als "Kandidatin der Reichen". Der Wahlausgang mit je etwa 50 Prozent für beide Kandidaten zeigt, wie stark Peru in dieser Frage gespalten ist.

Die letzten Umfragen hatten auf einen knappen Ausgang mit leichtem Vorsprung für Fujimori hingedeutet. Die Wahl selbst war vor einer Woche, seitdem werden die Stimmen ausgezählt. Am Mittwoch hatte Fujimori erklärt, sie erwäge die Anfechtung von 200.000 Stimmen vor allem aus ländlichen Gegenden, in denen Castillo stark war. Die 46-Jährige kommt aus einer politisch einflussreichen Familie. Ihr Vater Alberto war einst Präsident Perus. Aktuell sitzt er nach einer Verurteilung wegen Verletzung der Menschenrechte und Korruption allerdings im Gefängnis.

Keiko Fujimori hatte schon bei der Wahl 2016 das Nachsehen. Damals hatten ihr rund 40.000 Stimmen gefehlt. Später hatte sie erklärt, es sei ein Fehler gewesen, keine Neuauszählung gefordert zu haben. Gewählt wurde damals der Investmentbanker Pedro Pablo Kuczynski. Nach Bestechungsvorwürfen trat er im März 2018 zurück. Ihm folgte Martin Viczarra, der im November 2020 ebenfalls wegen des Vorwurfs der Bestechung in einem Amtsenthebungsverfahren gestürzt wurde. Zuletzt regierte Interims-Präsident Francisco Sagasti.

Einige linksgerichtete Staatschefs Lateinamerikas haben Castillo bereits zum Sieg gratuliert. Die amtierende Regierung Perus hat das scharf verurteilt und dazu aufgefordert, das Endergebnis abzuwarten.