Reuters

CDU will Arbeitnehmer und Firmen entlasten

14.06.2021
um 17:37 Uhr

- von Andreas Rinke und Markus Wacket

Berlin (Reuters) - Die CDU will mit einer klaren Absage an Steuererhöhungen in den Wahlkampf ziehen.

Das geht aus einem Reuters vorliegenden Entwurf für das gemeinsame Wahlprogramm mit der CSU hervor. "Wir werden die Lohnnebenkosten auf einem stabilen Niveau halten. Steuererhöhungen erteilen wir eine klare Absage", heißt es darin. "Unser Ziel ist, die Steuerlast für Gewinne, die im Unternehmen verbleiben, auf 25 Prozent zu deckeln." Dies soll für Einzelunternehmer, Personengesellschaft und Kapitalgesellschaft gelten. Den Solidaritätszuschlag will die CDU für alle schrittweise "schnellstmöglich" abschaffen. Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag soll auf 1250 Euro erhöht und der Einkommensteuertarif gestreckt werden, damit weniger Menschen den Spitzensteuersatz von 42 Prozent zahlen müssen. SPD und FDP reagierten mit Kritik auf die Überlegungen.

Das CDU-Präsidium hatte am Wochenende über das Programm beraten. CDU und CSU wollen am 21. Juni ihr gemeinsames Wahlprogramm vorstellen. Der Entwurf ist also ein Baustein für die Beratungen, die nach parteiinternen Informationen laufend stattfinden. In der CDU wird deshalb betont, dass es noch keine endgültigen Festlegungen gebe. Allerdings hatte Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet selbst bereits angekündigt, dass die Höchstgrenzen beim sogenannten Verlustvortrag deutlich angehoben werden sollen. Dazu sollen die degressiven Abschreibungsregeln für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wiedereingeführt und die für digitale Zukunftstechnologien verbessert werden. Diese Passagen finden sich auch in dem Papier. In dem Entwurf werden auch etliche Forderungen aufgegriffen, die die Union in den 16 Jahren Regierungszeit in wechselnden Koalition nicht hatte durchsetzen können oder als prioritär betrachtete.

Die CDU bekennt sich in dem Papier zur Schuldenbremse. "Grundgesetzänderungen zur Aufweichung der Schuldenbremse lehnen wir ab", heißt es. "Wir wollen so schnell wie möglich ausgeglichene Haushalte erreichen und die gesamtstaatliche Schuldenquote auf unter 60 Prozent reduzieren."

Die maximale Hinzuverdienstgrenze für Minijobs soll von 450 Euro auf 600 Euro pro Monat erhöht werden. Zudem soll diese Grenze "mindestens einmal pro Legislaturperiode an die Preis- und Lohnentwicklung" angepasst werden. Gleichzeitig soll aber die Rentenversicherungsfreiheit für Minijobs nur noch bei Schülern und Studenten möglich sein. Als Renteneintrittsalter wird die Schwelle von 67 Jahren genannt, es sollen aber stärkere Anreize für längeres Arbeiten gesetzt werden.

Zudem soll die Mitarbeiterkapitalbeteiligung verbessert werden. "Wir werden den einkommensteuerrechtlichen Freibetrag schrittweise auf 3500 Euro pro Jahr erhöhen und einen zusätzlichen Familienfreibetrag von 500 Euro pro Jahr einführen für jedes Familienmitglied, das nicht direkt von einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung profitieren kann", heißt es. Familien sollen beim Erwerb von Eigentum mit zinsgünstigen Darlehen oder Tilgungszuschüssen durch die staatliche Förderbank KfW unterstützt werden. Für die Grunderwerbsteuer wird ein Freibetrag von 250.000 Euro pro Erwachsenen plus 100.000 Euro pro Kind beim erstmaligen Erwerb von selbst genutzten Wohnraum vorgeschlagen. Das Baukindergeld soll verlängert werden.

CDU WILL EINNAHMEN AUS CO2-BEPREISUNG AN BÜRGER ZURÜCKGEBEN

Was das Klima-Thema angeht, wird zumindest in den Entwurfsteilen bisher kein konkreter CO2-Preis genannt. Es heißt aber: "Früher als vorgesehen wollen wir, dass ab 2025 ein CO2-Preis am Markt entsteht. Die Einnahmen aus dem Emissionshandel wollen wir an die Verbraucherinnen und Verbraucher zurückgeben." Auch die Grünen hatten betont, dass die Einnahmen aus dem CO2-Preis an die Bürger zurückfließen müssten. Die CDU will dazu die EEG-Umlage zur Finanzierung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien abschaffen und die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß reduzieren. "Auf EU-Ebene setzen wir uns dafür ein, dass die Stromsteuer vollständig abgeschafft wird." Um internationale Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, wird ein CO2-Grenzausgleich für Importe zusammen mit den EU-Partnern vorgeschlagen (Carbon Border Adjustment Mechanism und Carbon Contracts for Difference).

Aufgegriffen wird auch Laschets Begriff eines "Modernisierungsjahrzehnts". So soll nicht nur die Bürokratie begrenzt oder abgebaut werden. Es soll auch massiv in Infrastruktur investiert werden. "Unser Ziel ist es, bis spätestens 2024 alle weißen Flecken mit stationären oder mobilen Masten zu beseitigen", heißt es mit Blick auf den Mobilfunk. Für den Ausbau der Gigabit-Netze soll der Bund 15 Milliarden Euro bis Ende der nächsten Legislaturperiode 2025 bereitstellen.

KRITIK VON SPD UND FDP

Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, reagierte mit Kritik. "Während Armin Laschet von einem Modernisierungsjahrzehnt theoretisiert, stellen CDU und CSU wieder die alten Hüte ins Schaufenster: Steuersenkungen vor allem für Spitzenverdiener, Subventionen für Unternehmen und das alles ohne neue Schulden", sagte er. Und bei der Mütterrente seien sich CSU und CSU noch nicht einig. Laschet hatte eine CSU-Forderung nach einer weiteren Erhöhung für Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren sind, erst am Wochenende abgelehnt. Schneider bemängelte, die CDU sage zudem nicht, wie sie ihre Pläne finanzieren wolle.

Auch FDP-Fraktionsvize Christian Dürr äußerte Kritik. "Vor jeder Bundestagswahl fordert die CDU Entlastungen, aber trotz sechzehn Jahren in Regierungsverantwortung hat sie bisher nichts für die hart arbeitende Mitte getan", sagte er Reuters. Die Leidtragenden seien die mittelständischen Betriebe, die viele Arbeitsplätze schaffen. Laschet müsse nun zeigen, dass Entlastungen für die CDU nicht nur Wahlkampfthema seien, "sonst verliert die Union in Sachen Steuerpolitik auch das letzte bisschen Glaubwürdigkeit".