Reuters

Tunesiens Ennahda-Chef signalisiert Wende in politischer Krise

05.08.2021
um 07:27 Uhr

Tunis (Reuters) - In Tunesien läutet der Chef der größten Oppositionspartei Ennahda eine Wende in der politischen Krise des Landes ein.

Die Übernahme der Regierungsgewalt durch den Präsidenten solle in eine "Phase des demokratischen Übergangs" umgewandelt werden, sagte Parlamentspräsident und Partei-Vorsitzender Rached Ghannouchi am Mittwoch. Das Eingreifen des Präsidenten Kais Saied sei eine Chance für Reformen.

Ghannouchi untermauert damit die angekündigte Kehrtwende der größten Partei des Landes: Als Vorsitzender hatte er zunächst die Entmachtung der Regierung durch Präsident Kais Saied als Putsch bezeichnet. Parteiintern wuchs daraufhin der Druck auf Ghannouchi. Seine Reaktion auf Saieds Machtübernahme löste wachsende Besorgnis aus und einige hochrangige Politik-Persönlichkeiten sowie junge Mitglieder forderten den Rücktritt ihres langjährigen Parteichefs. Vergangene Woche signalisierte die Ennahda bereits ihre Bereitschaft zum politischen Dialog und kündigte an, zunächst auf Aufrufe zu Protesten zu verzichten.

Saied hatte am 25. Juli überraschend Ministerpräsident Hichem Mechichi entmachtet und das Parlament ausgesetzt. Der Präsident will nach eigenen Worten die politische Blockade im Land auflösen und binnen 30 Tagen einen neuen Regierungschef bestellen. Er hatte bei seinem Amtsantritt 2019 angekündigt, das von Korruption geprägte System zu reformieren. Viele Menschen in Tunis und anderen Städten des in einer schweren Wirtschaftskrise steckenden Landes hatten die Entmachtung von Regierung und Parlament begrüßt.