Reuters

Bundesregierung - Querdenker-Szene radikalisiert sich

22.09.2021
um 17:17 Uhr

Berlin (Reuters) - Die sogenannte Querdenker-Szene in Deutschland radikalisiert sich nach Darstellung des Bundesinnenministeriums zunehmend.

Der mutmaßliche Mord von Idar-Oberstein sei nach derzeitigen Erkenntnissen zwar die Tat eines Einzeltäters, sagte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch in Berlin. Es könnten daraus "keine generalisierenden Rückschlüsse" gezogen werden. Grundsätzlich beobachte das Ministerium jedoch, dass sich die Szene der Querdenker zwar verkleinere, sich dieser kleinere Kern aber verstärkt radikalisiere. Zahlen nannte der Sprecher nicht. Bundesinnenminister Horst Seehofer forderte Konsequenzen.

"Das ist alles tief erschütternd und vollkommen inakzeptabel. Solche brutalen Taten müssen wir abstellen", sagte Seehofer der "Süddeutschen Zeitung". Die Bundesregierung zeigte sich erschüttert über den tödlichen Angriff auf einen 20-jährigen Tankstellen-Mitarbeiter wegen eines Streits über das Tragen einer Mund-Nasen-Maske. "Die Bundesregierung verurteilt diese gezielte Tötung auf das Schärfste", sagte eine Sprecherin in Berlin. "Die Enthemmung der Gewalt macht sprachlos." Unerträglich sei, dass die Tat in sozialen Medien zum Anlass genommen werde, mit öffentlichen Aufrufen zur Gewalt die Gesellschaft in Deutschland zu spalten. "Das ist verstörend und das muss aufhören." Die Regierungssprecherin sprach von einer Coronaleugner-Szene, deren Radikalisierung sich der Rechtstaat mit allen Mitteln entgegenstellen werde. Die Sicherheitsbehörden seien sehr wachsam. Die sogenannte Querdenken-Bewegung war im vergangenen Jahr mit Grundrechte-Demonstrationen aus Protest gegen die Corona-Einschränkungen der Bundesregierung auf den Plan getreten.

Am vergangenen Samstag hatte ein mutmaßlich der sogenannten Querdenker-Szene nahestehender 49 Jahre alter Mann den 20-jährigen Tankstellen-Kassierer in Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz erschossen. Der Tat vorausgegangen war nach Polizeiangaben, dass der Mitarbeiter den mutmaßlichen Täter zum Tragen einer Maske in der Tankstelle aufgefordert hatte. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) warnte die Szene, die Tat zu instrumentalisieren. "Wer einen Mord rechtfertigt, ja sogar begrüßt, bereitet den Boden für neue Gewalt", sagte sie.