Reuters

Linke will sich nach deutlichen Wahlverlusten "neu erfinden"

27.09.2021
um 12:12 Uhr

Berlin (Reuters) - Die Linke will sich nach ihren deutlichen Verlusten bei der Bundestagswahl "neu erfinden".

Das kündigte Co-Chefin Susanne Hennig-Wellsow am Montag an. Das Ergebnis müsse als "letzte Chance" verstanden werden, die Partei "nach vorn zu entwickeln". Ähnlich äußerte sich Spitzenkandidatin Janine Wissler. Sie sprach angesichts der "flächendeckend schmerzlichen Verluste" von einem schweren Schlag und erklärte, die Partei müsse neu aufgestellt werden. Die Fehler lägen tiefer und seien über längere Zeit entstanden. Wissler wie auch Hennig-Wellsow waren erst im Februar als Nachfolgerinnen der Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger gewählt worden.

Die Linkspartei erhielt bei der Bundestagswahl nur 4,9 Prozent und damit 4,3 Prozentpunkte weniger als vor vier Jahren, zieht aber durch den Gewinn von drei Direktmandaten erneut in den Deutschen Bundestag ein und kommt auf 39 Sitze. Angesichts des schwachen Abschneidens büßt die Linke auch ihre einzige Regierungsoption ein - die eines rot-grün-roten Bündnisses.

Wie Hennig-Wellsow und Wissler hielt sich auch der zweite Spitzenkandidat der Partei, Dietmar Bartsch, bei der Nennung von Ursachen für die Verluste zurück. Die Linke habe ein "Bild der Zerrissenheit" abgegeben und auch mit ihrer Ostkompetenz nicht punkten können. Bartsch hat sein Direktmandat in Rostock verpasst, genau wie Wissler in Frankfurt am Main. Erfolgreich waren hingegen Gregor Gysi und Gesine Lötzsch in Berlin sowie Sören Pellmann in Leipzig.

Hennig-Wellsow will sich nun für die "schonungslose Analyse" des Wahlergebnisses Zeit lassen - "so lange wie es braucht" und dabei "jeden Stein" umdrehen. Ob letztlich auch personelle Veränderungen anstehen, ließ sie offen, genauso wie Bartsch die Frage nicht beantwortete, ob er erneut als Fraktionsvorsitzender antritt. Der Parteivorstand will für eine erste Bewertung der Bundestagswahl am Wochenende zusammenkommen. Bartsch betonte, es werde nicht daran gerüttelt, dass die Linke eine gesamtdeutsche Partei und eine Friedenspartei sei.

Im Wahlkampf setzte die aus der PDS hervorgegangene Partei auf Themen wie Mindestlohn, soziale Gerechtigkeit, Abrüstung und Vermögenssteuer. Wissler sagte, die Linke werde trotzdem nicht als die Partei wahrgenommen, die man wählt, wenn einem soziale Gerechtigkeit am Herzen liege. Bartsch ergänzte: "Nicht wenige trauen uns die Durchsetzungskompetenz nicht zu."