Reuters

Neue Ermittlungen gegen Kreml-Kritiker Nawalny - Zehn weitere Jahre Haft möglich

28.09.2021
um 17:52 Uhr

Moskau (Reuters) - Russland verschärft das Vorgehen gegen den inhaftierten Kreml-Kritiker Alexej Nawalny.

Der für Schwerverbrechen zuständige Untersuchungsausschuss Russlands veröffentliche am Dienstag auf seiner Internetseite ein neues Ermittlungsverfahren, in dem der prominenteste Kritiker von Präsident Wladimir Putin verdächtigt wird, Anführer einer extremistischen Organisation zu sein. Im Falle einer Verurteilung drohen Nawalny bis zu zehn Jahre Haft. Der 45-Jährige sitzt derzeit bereits eine zweieinhalbjährige Gefängnisstrafe wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen ab. Nawalny hat die dem Urteil zugrunde liegenden Vorwürfe als erfunden bezeichnet, um seine politischen Ambitionen zu stoppen.

In dem neuen Ermittlungsverfahren werden neben Nawalny auch viele seiner Verbündeten als Verdächtige bezeichnet. Der Untersuchungsausschuss wirft dem Gegner Putins und vielen seiner ins Ausland geflohenen Helfern vor, Stimmung für einen gewaltsamen Machtwechsel zu machen. Die in dem Ermittlungsverfahren aufgeführte Verdächtige Lyubow Sobol bezeichnete in einem Tweet die Vorwürfe als absurd: "Die Verbrechen meiner Kollegen: Teilnahme an Wahlen, Untersuchungen von Korruptionsfällen bei Spitzenbeamten, Teilnahme an friedlichen Protesten und Kommentierungen über Twitter." Die Ermittlungen zeigten nur, wie sehr Putin Nawalny fürchte.

Nawalny war im August 2020 auf einem innerrussischen Flug zusammengebrochen. Zunächst wurde er in Russland behandelt, dann in die Berliner Charite verlegt. Dort wurde eine Vergiftung mit einem Nervengift festgestellt. Die Regierung in Moskau hat Vorwürfe zurückgewiesen, russische Behörden hätten versucht, den Putin-Gegner zu töten. Nawalny wurde im Januar bei der Rückkehr in seine Heimat festgenommen und wegen des Verstoßes gegen Bewährungsauflagen verurteilt.