Reuters

Frankreich und Großbritannien streiten nach Bootsunglück von Migranten

25.11.2021
um 13:32 Uhr

Calais/London (Reuters) - Nach dem Kentern eines Flüchtlingsbootes im Ärmelkanal mit 27 Toten überziehen sich Frankreich und Großbritannien gegenseitig mit Vorwürfen.

Der französische Innenminister Gerald Darmanin warf der Regierung in London schlechtes Migrationsmanagement vor. Neben Großbritannien rief er Nachbarländer wie Belgien und Deutschland zu Unterstützung im Kampf gegen Menschenschmuggel auf. Einer von den vier in der Nacht festgenommenen mutmaßlichen Schleuser habe etwa Schlauchboote in Deutschland gekauft, führte Darmanin aus. "Es ist ein internationales Problem", sagte er dem Radiosender RTL. Auch der französische Präsident Emmanuel Macron mahnte eine stärkere Kooperation auf europäischer Ebene an.

Die britische Innenministerin Priti Patel kündigte Gespräche mit ihrem französischen Amtskollegen an. Großbritanniens Premierminister Boris Johnson hatte zuvor Vorwürfe an Frankreich gerichtet. "Wir hatten Schwierigkeiten, einige unserer Partner, insbesondere die Franzosen, davon zu überzeugen, die Dinge in einer Weise anzugehen, die unserer Überzeugung nach die Situation erfordert", sagte er.

Am Mittwoch war ein Schlauchboot im Ärmelkanal gekentert. Dabei starben nach französischen Angaben 27 Migranten. Es ist das schlimmste bekannte derartige Unglück im Ärmelkanal. Zwei befanden sich früheren Worten Darmanins zufolge in kritischem Zustand im Krankenhaus. Zunächst war sogar von mindestens 31 Toten die Rede gewesen.

Die Migrationsfrage ist immer wieder Streitpunkt zwischen Frankreich und Großbritannien. Nach Angaben lokaler Behörden waren vor dem Unglück bereits 14 Menschen auf dem Weg nach Großbritannien ertrunken. Im vergangenen Jahr waren es sieben, im Jahr davor vier. Immer wieder geht es auch um die Frage der Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern. Großbritannien hat wiederholt gemeinsame Patrouillen vor der französischen Küste nahe Calais angeboten. Die Regierung in Paris weist dies bisher zurück. Menschenrechtsgruppen zufolge gehen Schleuser und Migranten zunehmend Risiken ein, um einer wachsenden Polizeipräsenz auszuweichen. Deswegen sei das Unglück absehbar gewesen.