Reuters

Springer schüttelt Corona-Krise mit kräftigem Wachstum ab

14.12.2021
um 14:42 Uhr

- von Klaus Lauer

Berlin (Reuters) - Der Medien- und Technologiekonzern Axel Springer hat die Folgen der Corona-Krise weitgehend abgehakt und nimmt Wachstum vor allem im wichtigen US-Markt ins Visier.

"Wir sind überraschend gut durch die Virus-Pandemie gekommen", sagte Finanzchef Julian Deutz in einem am Dienstag veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir erwarten für 2021 zweistelliges Wachstum beim Umsatz und damit einen der höchsten Zuwächse seit dem Börsengang 1985". Somit habe man das Vorkrisenniveau bereits übertroffen. "Wir stehen in Bezug auf Umsatz und Ebitda deutlich besser da, als wir das 2019 beim Einstieg von KKR erwartet haben", erklärte Deutz mit Blick auf den US-Großaktionär.

Auf dem angepeilten Weg zur digitalen Nummer Eins weltweit entfernt sich Springer von seinen Wurzeln. "Der US-Markt ist für uns seit 18 Monaten ein absoluter Wachstumsmotor, der noch weitaus stärker zulegt als das Europa-Geschäft." Die US-Investitionen ins Job-Portal Appcast und den Newsletter-Anbieter Morning Brew liefen viel besser als geplant, betonte Deutz. "Das US-Geschäft boomt und wird einen immer stärkeren Anteil unseres Umsatzes ausmachen." Derzeit sind dies rund 20 Prozent.

SPRINGER LIEBÄUGELT MIT ZUKÄUFEN - VORERST NICHTS GROSSES

Springer sieht sich bereits als größter Digitalpublisher in Europa und will hier beim Journalismus und mit Rubrikenangeboten wie Job- und Immobilienanzeigen auch weltweit Marktführer werden. Dafür haben die Berliner Insidern zufolge rund eine Milliarde Dollar in die Hand genommen, um mit der größten Investition der Firmengeschichte den langjährigen Geschäftspartner, die US-Nachrichtenfirma Politico, zu kaufen. Springer will von innen heraus - also organisch - wachsen, hat seinen Übernahmehunger aber noch nicht gestillt. "Wir schauen uns immer Zukäufe und Übernahmegelegenheiten an", sagte Deutz. "Zukäufe von der Größenordnung wie Politico haben wir kurzfristig aber nicht auf dem Radar."

Die positive Entwicklung führt der Manager auch auf den Rückenwind durch den Finanzinvestor KKR zurück, der als größter Investor 35,6 Prozent an dem Herausgeber von "Bild" und "Welt" hält und mit seinem Geld langfristiges Wachstum ermöglichen soll. "Da, wo wir jetzt sind, wären wir nie, wenn wir noch an der Börse wären." Springer hatte das Parkett im April 2020 nach 35 Jahren verlassen. "Der Rückzug von der Börse hat uns viel schneller und flexibler gemacht - etwa bei unseren Investitionsentscheidungen", erläuterte Deutz. Der 53-Jährige ist seit 17 Jahren bei Springer und seit 2014 Finanzvorstand.

Medienunternehmen weltweit fürchten derzeit den Wettbewerb mit großen US-Internetkonzernen wie Google, Apple, Facebook (Meta) und Amazon. Denn diese tummeln sich in immer mehr Branchen und stellen alte Geschäftsmodelle auf den Kopf - im Fachjargon Disruption genannt. Springer-Chef und Großaktionär Mathias Döpfner hat sich wiederholt gegen die Markt- und Datenmacht der Technologieriesen ausgesprochen. Springer dürfte jedoch in einzelnen Bereichen auch vom Aufstieg der Tech-Konzerne profitieren. So gilt der Onlinehändler Amazon als großer Kunde von Springers Jobportal Stepstone in den USA. Deutz sagte dazu nur: "Stepstone wächst derzeit sehr stark und profitiert von der Erholung der Wirtschaft."

Im ersten Pandemie-Jahr sank Springers Umsatz um fast fünf Prozent auf 2,97 Milliarden Euro und der operative Gewinn (bereinigtes Ebitda) sackte um 13 Prozent auf 654 Millionen Euro, wie aus Springers Finanzbericht 2020 hervorgeht, der Reuters vorlag. "Die Corona-Krise hat uns viel weniger getroffen als anfangs befürchtet", bilanzierte Deutz. Den strukturellen Rückgang im Printgeschäft habe man fast komplett mit digitalem Wachstum innerhalb des journalistischen Geschäfts national und international aufgefangen. In diesem Jahr werde man die Einbußen bei Print durch digitales Wachstum "deutlich überkompensieren". Hier habe die Digitalisierung insgesamt sehr geholfen. "Das gilt für 2021 noch mal mehr als schon für 2020."

Amazon.com Inc.

WKN 906866 ISIN US0231351067

Apple Inc.

WKN 865985 ISIN US0378331005

Meta Platforms Inc.

WKN A1JWVX ISIN US30303M1027