Reuters

EU warnt Großbritannien vor Änderung des Nordirland-Protokolls

17.05.2022
um 16:47 Uhr

London (Reuters) - Mit einer Änderung des Nordirland-Protokolls möchte die britische Regierung neuen Schwung in die festgefahrenen Verhandlungen über die Umsetzung der Brexit-Vereinbarungen bringen.

Obwohl der britische Premierminister Boris Johnson einen Handelskrieg mit der EU als unwahrscheinlich bezeichnete, warnte der Vize-Präsident der europäischen Kommission, Maros Sefcovic, am Dienstag vor möglichen Folgen eines solchen Schrittes. "Sollte das Vereinigte Königreich beschließen, einen Gesetzesentwurf vorzulegen (...) wird die EU mit allen ihr zur Verfügung stehenden Maßnahmen reagieren müssen", sagte er.

Die britische Außenministerin Liz Truss kündigte im britischen Parlament an, in den kommenden Wochen Änderungen des Protokolls vorzuschlagen. Die bevorzugte Lösung bleibe zwar eine Einigung mit der Europäischen Union, weshalb weiter mit EU-Unterhändler Sefcovic gesprochen werde. Andernfalls müssten aber gesetzliche Maßnahmen ergriffen werden. "Der Gesetzentwurf wird regulatorische Hindernisse für den Verkauf von Waren, die nach britischen Standards hergestellt wurden, in Nordirland beseitigen", sagte Truss. "Unternehmen werden in einem neuen dualen Regulierungssystem wählen können, ob sie britische oder EU-Standards erfüllen." Auch werde sichergestellt, "dass es auf der Insel Irland keine harte Grenze gibt".

Im Streit über die Brexit-Zollregelungen für Nordirland verschärft Großbritannien damit den Konfrontationskurs mit der EU. Deutschland und Belgien haben die Regierung in London erst kürzlich davor gewarnt, das Nordirland-Protokoll zu Handelsregeln aufzukündigen. Großbritannien strebt eine vollständige Überarbeitung an und verlangt von der EU Flexibilität bei der Lösung des Konflikts.

Großbritannien und die EU ringen seit Monaten um das Nordirland-Protokoll, das die britische Regierung selbst im Rahmen des EU-Austritts ausgehandelt hat, inzwischen aber für nicht praktikabel erklärt hat. Regionalwahlen Anfang Mai hatten den Druck auf Johnson erhöht, Änderungen am Protokoll durchzuführen.

Die Vereinbarung sieht für Nordirland besondere Zollregeln vor, um die aus historischen Gründen sensible Grenze zwischen der britischen Provinz und dem EU-Staat Irland offen zu halten. Durch die Übereinkunft ist aber de facto eine Zollgrenze in der Irischen See entstanden, die Nordirland vom Rest des Vereinigten Königreichs trennt.