Reuters

EU-Plan sieht 300-Milliarden-Euro für Aus russischer Energie vor

18.05.2022
um 16:22 Uhr

Brüssel/Kopenhagen/Berlin (Reuters) - Die EU-Kommission will den Ersatz von russischen Energie-Lieferungen mit Investitionen von 300 Milliarden Euro beschleunigen.

Der größte Teil werde zum Ausbau der erneuerbaren Energien verwandt, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch in Brüssel. Bis 2030 sollten zehn Milliarden Euro in die Gas- und zwei Milliarden Euro in die Öl-Infrastruktur fließen. Im "RePowerEU" genannten Paket sind zudem strengere Ziele zum Energiesparen und für den Einsatz von Öko-Energie verankert. Bis 2030 sollten nun 45 Prozent statt wie bisher vorgesehen 40 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen kommen. Geplant ist ferner der verpflichtende Einsatz von Solar-Anlagen auf neuen öffentlichen und gewerblichen Gebäuden. Dies soll ab 2025 greifen, für Privathäuser ab 2029.

Unabhängig davon wollen Deutschland, Dänemark, die Niederlande und Belgien in der Nordsee die Windkraft massiv ausbauen, wie das dänische Energieministerium zum Auftakt einer Offshore-Konferenz mitteilte. Bis 2050 sollten dort Windparks mit einer Leistung von 150 Gigawatt entstehen. Rechnerisch könnten sie bei stetigem Wind so viel Strom erzeugen wie 150 Blöcke von Atomkraftwerken. Derzeit sind erst Windräder mit 16 Gigawatt am Netz, die Hälfte davon in deutschen Gewässern. Bis 2030 will Deutschland 30 Gigawatt erreichen.

Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte zum "RePowerEU"-Programm, Deutschland bringe viel auf den den Weg, es bedürfe aber einer engen Zusammenarbeit: "Wir brauchen europäische Allianzen für alle Transformationstechnologien: Solar, Wind, Wärmepumpen und Elektrolyseure." Allein 27 Milliarden Euro soll in den Aufbau von Elektrolyse-Anlagen und Leitungen für Wasserstoff fließen, mit dem vor allem in der Industrie Erdgas ersetzt werden könnte.

Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) lobte, dass auch Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden sollen. Die EU-Vorgaben dürften hier aber nicht auf halber Strecke stehen bleiben. Zudem betonte der BDI, dass die Gratis-Zuteilungen von CO2-Verschmutzungsrechten bis mindestens 2030 erhalten bleiben müssten. Die EU-Kommission plant die Rechte zu kürzen und will im Gegenzug die europäische Industrie mit einer Art CO2-Grenzzoll gegen Importe etwa aus Asien schützen. Die Industrie zweifelt aber an der Umsetzbarkeit.

KRITIK AN FINANZIERUNG

Die Mittel für die Investitionen sollen teilweise aus dem Corona-Aufbaufonds der EU kommen und aus Zuschüssen oder auch Bürgschaften für Kredite bestehen. In dem Fonds war ohnehin ein erheblicher Teil der Mittel für den Klimaschutz und damit für erneuerbare Energien vorgesehen. Allerdings will die EU nun zur Finanzierung auch zusätzliche CO2-Verschmutzungsrechte auf den Markt werfen, um damit rund 20 Milliarden Euro zu erlösen.

Dies sorgte unter anderem für Kritik bei der Denkfabrik "Agora". Mit mehr Zertifikaten würden die Preise für die Rechte gedrückt, was wiederum weniger Anreize zum Klimaschutz etwa für die Industrie bedeute und fossile Energie wieder wettbewerbsfähiger mache. "Dieser Vorschlag birgt Gefahr für die EU-Klimapolitik", sagte Agora-Europa-Chef Matthias Buck. Wenn der Vorschlag umgesetzt werden, müsse die gleiche Menge an Rechten am Ende der Dekade dem Markt wieder entzogen werden.

Die EU insgesamt bezieht etwa 40 Prozent ihres Gases und 27 Prozent des Öls aus Russland. Während auf Kohle von dort ab August verzichtet werden soll, ringen die EU-Staaten noch um einen Öl-Boykott. Deutschland ist von russischen Erdgas-Lieferungen besonders abhängig, die man den Plänen nach noch bis 2024 brauchen wird.

(Bericht von: Kate Abnett, Stine Jacobsen, Markus Wacket; redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)