Reuters

TUI-Chef Joussen legt überraschend sein Amt nieder

24.06.2022
um 12:02 Uhr

- von Ilona Wissenbach

Frankfurt (Reuters) - Nach der Rettung des Unternehmens in der Corona-Krise verlässt der langjährige TUI-Chef Fritz Joussen Ende September vorzeitig den weltweit größten Reisekonzern.

Nachfolger des 59-Jährigen wird der gleichaltrige bisherige Finanzchef Sebastian Ebel, wie TUI am Freitag mitteilte. Joussen führte den Konzern seit 2013. Aufsichtsratschef Dieter Zetsche erklärte, Joussens Entscheidung zu gehen sei bedauerlich. Er habe das Unternehmen in der Corona-Krise gerettet und die digitale Transformation vorangetrieben. "Die akute Krisen-Phase ist abgeschlossen. Wir starten jetzt in die nächste Phase", ergänzte Zetsche. Mit Ebel stehe ein unternehmerisch geprägter Vorstandschef für einen Neustart bereit, der sich auf eine Stärkung der Bilanz und profitables Wachstum fokussieren werde.

Joussen selbst begründete seinen Schritt ebenfalls mit der neuen Phase für den Reisekonzern nach dem Ende der Corona-Krise, die TUI nur mit 4,3 Milliarden Euro staatlicher Finanzhilfen überstehen konnte. "Ich habe TUI fast zehn Jahre lang geführt. Das ist eine sehr lange Zeit", schrieb Joussen in einer drei Seiten langen Mitteilung an die Beschäftigten. "Nachdem die existenzielle Krise u¨berstanden ist, ist jetzt der richtige Zeitpunkt fu¨r den Wechsel an der Spitze der TUI." Ebel werde das Unternehmen zurück auf den Wachstumspfad fu¨hren.

Der Vertrag des TUI-Chefs lief noch bis 2025. Vor zwei Jahren, als das erste Rettungspaket für den Konzern aus Hannover geschnürt wurde, hätte er ausscheiden können. Denn seine Vertragsbedingungen änderten sich - eine Auflage bei staatlichen Hilfen ist, dass Manager keine Boni einstreichen dürfen, solange die Schulden beim Steuerzahler nicht getilgt sind. Die deshalb bestehende Option, das Amt niederzulegen, wurde auf Juni 2022 verschoben. Damals habe er sich verantwortlich gefühlt, TUI durch die Krise zu führen, erklärte Joussen. Die Zweijahresfrist sei allen Beteiligten lang erschienen. "Jetzt ist die Zeit gekommen zu entscheiden."

SOMMERGESCHÄFT AUF KURS

Vor seinem Wechsel zu TUI vor zehn Jahren hatte der studierte Elektrotechniker aus Duisburg Karriere in der Mobilfunkbranche bei Mannesmann und dann Vodafone gemacht. Der Zwei-Meter-Mann ist eine Frohnatur. Doch die Corona-Krise schlug ihm zeitweise aufs Gemüt, wie etwa auf der Hauptversammlung im vergangenen Jahr erkennbar. TUI machte vor der Corona-Krise rund eine halbe Milliarde Euro Nettogewinn bei 19 Milliarden Euro Umsatz und 21 Millionen Kunden. Das Corona-Virus brachte den Tourismus zum Erliegen, sodass der Konzern zeitweise keinen Umsatz mehr erzielte und drei Milliarden Euro Jahresverlust schrieb. Mittlerweile ist der Optimismus zurückgekehrt. Trotz aller operativen Widrigkeiten wegen des Personalmangels in der Branche erwarte der Reisekonzern wie angekündigt einen starken Sommer fast auf dem Vorkrisenniveau von 2019, erklärte Joussen.

Ebel sei ein erfahrener Tourismusmanager, erklärte Aufsichtsratschef Zetsche weiter. Vor dem Finanzressort war er im Vorstand für die operativen Geschäftsfelder Hotels, Kreuzfahrten und Urlaubsaktivitäten zuständig. Nachfolger von Ebel wird Mathias Kiep, zuletzt Finanzchef der TUI Deutschland und davor Investmentbanker.

(Redigiert von Ralf Banser; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)