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Estland entfernt Sowjet-Ehrenmale aus Stadt an russischer Grenze

16.08.2022
um 15:47 Uhr

Vilnius (Reuters) - Estland lässt in der überwiegend russischsprachigen Grenzstadt Narwa alle Sowjet-Denkmäler entfernen.

Am Dienstag wurde ein sowjetischer Panzer aus dem Zweiten Weltkrieg abtransportiert, wie Bilder des estnischen Fernsehsenders ERR zeigten. Ministerpräsidentin Kaja Kallas erklärte laut der Nachrichtenagentur BNS, dies sei angeordnet worden, weil es wachsende Spannungen in und um Narwa gebe. In der Region lebt ein Großteil der russischen Minderheit, die insgesamt fast ein Viertel der 1,3 Millionen Einwohner Estlands stellt. Die Regierung in Tallinn befürchtet, dass die russische Minderheit unter den Einfluss Moskaus geraten könnte.

Das EU- und Nato-Land Estland hat sich im Ukraine-Krieg entschieden gegen Russland gestellt. Wie auch in den anderen beiden baltischen Ex-Sowjetrepubliken Litauen und Lettland gibt es seit dem russischen Einmarsch verstärkt Sorgen um die Sicherheit des Landes. Die estnische Regierung kündigte an, auch ein Ehrenmal für Kriegsopfer aus Sowjetzeiten entfernen und durch ein neutrales Grabmal ersetzen zu lassen. Ministerpräsidentin Kallas erklärte, Russland dürfe nicht die estnische Geschichte ausnutzen, um die Gesellschaft weiter zu spalten.

Als Estland 2007 in der Hauptstadt Tallinn ein Weltkriegsdenkmal zu Ehren der Roten Armee entfernen ließ, sprach die Regierung in Moskau von einer Beleidigung sowjetischer Soldaten, die deutsche Besatzungstruppen aus Estland vertrieben hätten. Kurz nach der Entfernung des Denkmals gab es damals Cyber-Angriffe auf estnische Staatseinrichtungen. Russland wies Vorwürfe zurück, darin verwickelt zu sein. Es kam in der Zeit auch zu gewaltsamen Protesten vor allem russischsprachiger Jugendlicher. Der estnische Außenminister Urmas Reinsalu warnte nun laut BNS, Ausländern, die sich gegen die Denkmal-Entfernung stellten, werde die Aufenthaltsgenehmigung entzogen.

(Bericht von Andrius Sytas, geschrieben von Elke Ahlswede. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)