Reuters

Meloni ruft nach Wahlsieg in Italien zu Einigkeit auf

26.09.2022
um 07:32 Uhr

Rom (Reuters) - Die Partei der Postfaschistin Giorgia Meloni, Fratelli d'Italia hat laut vorläufigem Wahlergebnis bei den Parlamentswahlen in Italien fast 26 Prozent der Wählerstimmen erhalten.

Das Rechtsbündnis ihrer Partei mit der Lega des ehemaligen Innenministers Matteo Salvini und der Forza Italia des ehemaligen Premierministers Silvio Berlusconi wird damit in beiden Kammern des italienischen Parlaments über deutliche Mehrheiten verfügen.

Am frühen Morgen sagte die 45-jährige Meloni, dies sei ein stolzer Tag für ihre Partei. Die Wähler hätten den rechten Parteien einen klaren Auftrag erteilt, die Regierung zu bilden. Nun sei Einigkeit gefragt, um die vielen Probleme im Land anzugehen. "Wenn wir dazu aufgerufen werden, diese Nation zu regieren, werden wir dies für alle Italiener tun, mit dem Ziel, das Volk zu vereinen, das Verbindende zu fördern und nicht das Trennende", sagte Meloni vor Journalisten. Man werde das Vertrauen der Wähler nicht missbrauchen.

Die Mitte-Links-Partei Partito Democratico (PD) hatte ihre Niederlage zuvor eingestanden. "Dies ist ein trauriger Abend für unser Land",sagte die PD-Abgeordnete Debora Sarracchiani vor Journalisten. "Die Rechte hat die Mehrheit im Parlament, aber nicht im Land". Die PD werde nun die größte Oppositionspartei im Parlament sein.

Die Wahlbeteiligung lag nach vorläufigen Angaben bei 64,1 Prozent. Vor vier Jahren hatten noch 74 Prozent der Wahlberechtigten gewählt.

FINANZMÄRKTE VERFOLGTEN WAHL MIT SPANNUNG

An den Finanzmärkten wurde der Wahlausgang mit Spannung verfolgt. Italien ist nach Griechenland das am stärksten verschuldete Euro-Land: Die Verbindlichkeiten machen etwa 150 Prozent der Wirtschaftsleistung aus. Italiens Kreditkosten sind bereits deutlich gestiegen - angetrieben durch die rasant steigende Inflation, die Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) und politische Unsicherheit. Daten von S&P Global Market Intelligence zeigen, dass die Wetten der Investoren gegen den italienischen Staatsanleihenmarkt den höchsten Stand seit 2008 erreicht haben. Das gilt als Zeichen für wachsende Unruhe bei Investoren.

"Die Gefahr besteht darin, dass stark verschuldete Länder wie Italien oder Griechenland schon heute für neue Schulden deutlich höhere Zinsen zahlen müssen", sagte der Außenwirtschaftschef des Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK), Volker Treier, der Nachrichtenagentur Reuters. "Und die Zinslast dürfte in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Das kann schnell zum Hemmschuh für die wirtschaftliche Entwicklung in der Euro-Zone und damit für wichtige Märkte deutscher Unternehmen werden." Mehr als die Hälfte des deutschen Handelsvolumens gehe auf Ex- und Importe mit EU Mitgliedsstaaten zurück.

(Bericht von Rene Wagner, Scot Stevenson, Crispin Balmer, Angelo Amante, Esther Blank. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)