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Truss bekräftigt umstrittene Haushaltspläne - "Mussten handeln"

03.10.2022
um 09:12 Uhr

- von Elizabeth Piper und Andrew MacAskill

London (Reuters) - Nach dem Kursrutsch des Pfunds in Folge ihrer Ausgabenpläne auf Pump zeigt sich die neue britische Premierministerin Liz Truss um Schadenbegrenzung bemüht.

Sie hätte mehr tun sollen, um den Boden für ihr Vorhaben zu bereiten, sagte Truss am Sonntag dem Sender BBC. Allerdings stehe sie zu dem Paket. "Und ich stehe zu der Tatsache, dass wir es schnell angekündigt haben, weil wir handeln mussten." Truss kündigte später zum Auftakt der Jahreskonferenz ihrer Konservativen einen konkreten Schritt zum Bürokratieabbau an. Ab Montag sollen Firmen mit weniger als 500 Mitarbeitern als Kleinunternehmen gelten, hieß es in einer Erklärung. Gegenwärtig liege die Grenze bei 250. Damit könnten 40.000 weitere Firmen vereinfachte Vorschriften nutzen.

Truss' vor rund einer Woche vorgelegter Wachstumsplan wird kritisiert, weil er zusätzliche Ausgaben in Milliardenhöhe vorsieht - aber kaum Details dazu, wie diese kurzfristig finanziert werden sollen. Experten zufolge könnten die Maßnahmen umgerechnet bis zu knapp 230 Milliarden Euro kosten. Auch Finanzminister Kwasi Kwarteng ließ am Samstag Details weiter offen. Er bekräftigte in einem Beitrag für die Zeitung "Telegraph" lediglich, im November einen "glaubwürdigen Plan" zum Schuldenabbau vorzulegen. Dabei werde man sich auch verpflichten, die öffentlichen Ausgaben unter Kontrolle zu bringen. Es sei klar, dass die angekündigten Maßnahmen nicht überall auf Gegenliebe stießen. Man habe aber keine Wahl gehabt.

Zuletzt hatte sich die Rating-Agentur S&P dem skeptischen Blick anderer Institutionen angeschlossen und den Ausblick für britische Staatsschulden von "stabil" auf "negativ" gesenkt. Auch die Agentur Moody's und der Internationale Währungsfonds (IWF) haben Bedenken. Ein schlechteres Rating kann dazu führen, dass für die Aufnahme neuer Schulden höhere Zinsen gezahlt werden müssen - was die Handlungsspielräume einengt.

TORY-VORSITZENDER: MÄRKTE KÖNNTEN ÜBERREAGIERT HABEN

Offen ist, ob durch die Pläne die Verschuldung weiter ansteigt oder sich die Maßnahmen alleine tragen, wie es die Regierung hofft. Am Devisenmarkt war das Pfund vergangene Woche zum Dollar auf den niedrigsten Stand seit 37 Jahren abgestürzt. Auch am Anleihe-Markt ging es bergab. Letztlich griff die britische Notenbank ein, um die Verwerfungen abzumildern. Der Vorsitzende der Konservativen, Jake Berry, sagte am Sonntag, möglicherweise hätten die Märkte überreagiert. "Also lassen Sie uns sehen, wo die Märkte in sechs Monaten stehen", sagte er Sky News.

Das Vorhaben ist auch in der konservativen Partei von Truss umstrittenen. Dabei geht es vor allem um die geplante Abschaffung des höchsten Einkommensteuersatzes von 45 Prozent. Einige Konservative sorgen sich, als die Partei angesehen zu werden, die Steuern für die Reichsten senkt, während sie wenig für die Schwächsten tut. Truss sagte, sie unterstütze die Abschaffung des Spitzensteuersatzes. Die Entscheidung sei aber von Kwarteng getroffen worden. Die Frage, ob die Abschaffung einiger Steuern mit Kürzungen bei öffentlichen Dienstleistungen bezahlt werden müssten, ließ Truss offen.

(Geschrieben von Ralf Bode; Bearbeitet von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)