Reuters

Credit Suisse hat beim Umbau immer weniger Spielraum

04.10.2022
um 15:42 Uhr

Zürich/New York (Reuters) - Die Credit Suisse gerät zunehmend in die Defensive.

Am Montag reichten wilde Spekulationen auf den Sozialen Medien über die Stabilität der Schweizer Großbank aus, um die Aktie auf ein neues Allzeit-Tief zu drücken. Angesichts ihrer immer noch wetterfesten Bilanz gibt es zur Zeit kaum Hinweise, dass die Existenz des 166-jährigen Instituts gefährdet sein könnte. Doch alleine die Unsicherheit schränkt den Spielraum von Präsident Axel Lehmann beim angekündigten Umbau ein - es wird einfach immer schwieriger, die für den voraussichtlich kostspieligen Umbau notwendigen Mittel zu beschaffen. Gleichzeitig könnte der Reputationsschaden vermögende Kunden in die Flucht schlagen und damit die zukünftige Ertragskraft des Kerngeschäfts erodieren lassen.

"Das Problem der Credit Suisse ist, dass es fast zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung wird," erklärte James Finch, Finanz-Professor an der New York University. Wenn Schlüsselmitarbeiter die Bank zu verlassen begännen und reiche Leute ihr Geld abzögen, werde das Geschäft unterminiert.

Einige Wealth-Management-Kunden der Bank seien zunehmend besorgt, ob die Credit Suisse die Wende schaffe, sagten zwei mit den Gesprächen vertraute Personen zur Nachrichtenagentur Reuters. Einige Kunden hätten bereits Gelder umgeschichtet, sagte einer der Insider. Im zweiten Quartal waren in dem Geschäft unter dem Strich Gelder abgeflossen. Es bestehe das Risiko, dass negative Schlagzeilen zu weiteren Abflüssen aus dem Private-Banking-Geschäft führten, erklärten die Analysten der Citigroup. Credit Suisse bleibe während der Strategie-Überprüfung nah bei den Kunden, erklärte eine Konzernsprecherin. Die Ergebnisse dieser Überprüfung will die Bank am 27. Oktober vorlegen.

Credit Suisse hat bereits in Aussicht gestellt, dass die Investmentbank weiter gestutzt wird. So hat das Geldhaus das Geschäft mit Verbriefungen ins Schaufenster gestellt, das in guten Zeiten zwar lukrativ ist, aber wenig mit dem Kerngeschäft zu tun hat. Insidern zufolge stehen auch Handelsgeschäfte auf dem Prüfstand. Dass die Credit Suisse in einem schwierigen Umfeld zu Verkäufen gezwungen sei, könnte die Preise allerdings drücken, sagte Jefferies-Analystin Flora Bocahut.

FINANZIERUNGSKOSTEN STEIGEN

Die Kernkapitalquote der Credit Suisse lag zur Jahresmitte zwar im Mittelfeld der vergleichbaren europäischen und amerikanischen Banken, aber auch unter dem eigenen mittelfristigen Ziel. Dazu kommt, dass der Umbau des Konzerns einschließlich des Abbaus von Tausenden von Arbeitsplätzen Milliarden verschlingen dürfte. Einem Insider zufolge geht die Bank davon aus, dass sie mit dem Verkauf von Teilbereichen genügend Mittel erlösen dürfte. Anders sehen das etwa die Analysten von Keefe, Bruyette & Woods (KBW), die den Gesamtbedarf auf sechs Milliarden Franken veranschlagen. Um die Lücke zu stopfen, sei eine Kapitalerhöhung im Volumen von vier Milliarden Franken notwendig.

Einem solchen Schritt dürften die Aktionäre allerdings nur zähneknirschend zustimmen. Denn mit dem jüngsten Kurseinbruch ist eine Kapitalerhöhung noch unattraktiver geworden. Alleine im bisherigen Jahresverlauf hat die Aktie über 55 Prozent an Wert eingebüßt, der ganze Konzern ist inzwischen nur noch rund zehn Milliarden Franken wert.

Zwar leidet die ganze Branche unter den schnell steigenden Zinsen, den Rezessionsängsten sowie die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine. Doch der Erzrivale UBS hat sich an der Börse deutlich besser geschlagen.

Die Kosten für die Versicherung von Anleihen der Credit Suisse waren am Montag auf 3,55 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahrzehnten gestiegen. Am Dienstag schwächten sie sich wieder etwas ab. Einem Insider zufolge sind Spekulationen, wonach die Finanzierung der Bank gefährdet sein könnte, völlig unbegründet. Das Institut mache mit den Profi-Gegenparteien weiter Geschäfte. "Credit Suisse hat vollen Zugang zum Finanzierungsmarkt", sagte die Person.

Trotzdem dürfte der höhere Risiko-Zuschlag Bremsspuren hinterlassen. "Es wird immer eine schwierige Umstrukturierung sein", sagte Johann Scholtz, Aktienanalyst bei Morningstar. "Aber was es jetzt noch schwieriger macht, ist, dass sich die Finanzierungskosten drastisch erhöht haben und die Rentabilität, die bereits unter Druck stand, jetzt noch mehr unter Druck ist."

(Bericht von Oliver Hirt, Carolina Mandl, Lananh Nguyen, Davide Barbuscia, Megan Davies und Greg Roumeliotis; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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