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08.08.2022
um 19:53 Uhr

Gespalten, Kommentar zur Kraftwerksbranche von Michael Flämig
Frankfurt (ots) - Wer eine halbe Milliarde Euro versenkt, der hat ein Problem.
Dies gilt erst recht, wenn das Geld innerhalb von nur drei Monaten verschwindet.
Siemens Energy steht vor genau diesem Phänomen. Der Quartalsverlust ist
gewaltig, selbst in Relation zum Umsatz von gut 7 Mrd. Euro. Die Abkehr von
Russland und die roten Zahlen der Windkraft-Tochter Siemens Gamesa zehren an der
Gewinn-und-Verlust-Rechnung. Doch die Sache ist weniger eindeutig, als die
Zahlen nahelegen. In Wahrheit ist Siemens Energy kein klarer Fall, sondern ein
multipel gespaltenes Unternehmen.

Die offenkundigste Spaltung ist jene zwischen öffentlicher Bedeutung und
betriebswirtschaftlichem Resultat. Nach dem Angriff Russlands gibt es für die
Wirtschaft hauptsächlich ein Thema: die Verfügbarkeit und der Preis von Energie.
Siemens Energy spielt als Weltmarktführer in Teilen des Kraftwerkgeschäfts also
eine wirklich wichtige Rolle. Doch der Konzern kann daraus kaum Kapital
schlagen.

Siemens Energy ist aber auch in sich gespalten. Auf der einen Seite steht die
Tochter Siemens Gamesa. Sie schien die Inkarnation der Boombranche erneuerbare
Energien zu sein, enttäuscht die Investoren aber mit grausamer Regelmäßigkeit.
Auf der anderen Seite galt die Sparte Gas and Power, die konventionelle
Kraftwerke ebenso baut wie Technik für die Stromübertragung, als hoffnungsloser
Fall. In Wirklichkeit rettet nun die Sparte Gas and Power dem Konzern seine
Jahresprognose für das operative Geschäft durch solides Wirtschaften.

Eine dritte Spaltung ist temporaler Art. Heute sind die Ergebnisse
niederschmetternd, in der Zukunft werden sie mitreißend sein. Die Käufer rennen
der Vertriebsabteilung die Bude ein - ganz einfach, weil der Umbau des
Energiesystems enorme Investitionen verlangt.

Spaltungen sind keine gesunde Sache. Siemens Energy packt den internen Bruch an,
indem die Tochter Siemens Gamesa komplett übernommen wird. Um gesellschaftliche
Bedeutung und Betriebswirtschaft in Einklang zu bringen, gilt es auch dafür zu
werben, dass Energie und Versorgungssicherheit einen anderen Preis haben.

Am wichtigsten aber ist es, den Spalt zwischen trister heutiger Realität und
goldener Zukunft schnell zu überwinden. Der Konzern setzt aktuell beeindruckende
Preiserhöhungen durch. Aber er muss auch technologisch führend sein. Siemens
Energy bringt in dem Geschäft eine enorm lange Erfahrung mit. Dies gilt es zu
nutzen mit einer Strategie, die aus einem Guss ist und die im Alltag bruchlos
umgesetzt wird.

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