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ROUNDUP: Bündnis fordert Klimageld - 'Versprechen der Bundesregierung'

21.03.2024
um 14:21 Uhr

BERLIN (dpa-AFX) - Zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger angesichts steigender CO2-Preise fordert ein Bündnis aus Umwelt- und Sozialverbänden die sofortige Einführung eines Klimagelds. "Die Klimawende ist kein Luxusprojekt. Sie gelingt nur, wenn sie sozial gerecht gestaltet wird", sagte der Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider, am Donnerstag in Berlin. Die Bundesregierung müsse ihre Klimapolitik sozialer gestalten, damit die gesellschaftlichen Spannungen nicht weiter zunähmen.

Der gesetzlich verankerte CO2-Preis macht unter anderem Heizen und Tanken mit fossilen Brennstoffen teurer und soll so Anreize für klimafreundlicheren Konsum setzen. Er steigt in den kommenden Jahren.

Helena Steinhau, die Gründerin des Vereins Sanktionsfrei, der sich für eine Grundsicherung ohne Sanktionen einsetzt, erklärte: "Wer wenig verdient oder Bürgergeld bezieht, lebt schon heute konform mit dem 1,5-Grad-Ziel von Paris." Bei der Klimakonferenz in Paris hatte sich die Weltgemeinschaft das Ziel gesetzt, die Erderwärmung, wenn möglich, auf weniger als 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Ärmere Menschen verursachten die wenigsten Emissionen, trügen aber die höchste Last der Transformation, sagte Steinhaus. "Das ist in jeder Hinsicht ungerecht." Zu den Mitgliedern des Bündnisses gehören neben dem Paritätischen Gesamtverband und Sanktionsfrei auch Fridays for Future, Campact, Oxfam und der BUND.

Seine Forderung will das Bündnis beispielhaft umsetzen, indem einmalig je 139 Euro an 1000 Menschen verteilt werden, die Bürgergeld, Grundsicherung oder Wohngeld beziehen. Entschieden werden soll im Losverfahren.

Versprechen im Koalitionsvertrag einlösen

"Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Haushalte mit niedrigen Einkommen grundsätzlich deutlich stärker durch den CO2-Preis belastet werden als Wohlhabende", sagte der Präsident der Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Das Klimageld könne für eine stärkere Entlastung von niedrigen Einkommen sorgen und werde mit steigenden CO2-Preisen immer wichtiger. Das DIW sei nicht Teil des Bündnisses, begleite dieses aber wissenschaftlich.

Fehlende Akzeptanz in der Gesellschaft sieht Fratzscher als größte Hürde für erfolgreichen Klimaschutz. "Das Klimageld ist Teil des Koalitionsvertrags, es ist ein Versprechen der Bundesregierung, das sie bisher noch nicht erfüllt." Dass die Einnahmen durch höhere CO2-Preise nicht verfügbar seien, weil sie in Subventionen für die Industrie flossen, dürfe kein Argument sein, dieses Versprechen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zu brechen.

Carla Reemtsma von Fridays for Future betonte: "Der Zickzackkurs der Ampel in Sachen Klimageld ist eine Katastrophe für das Vertrauen in die Klimapolitik." Zwar sei klar, das Klimageld alleine werde die Klimakrise nicht lösen. "Aber das Klimageld nicht einzuführen, sabotiert die nötige Unterstützung."

Auszahlung erst ab 2025 möglich?

Das Klimageld sollte nach Plänen der Ampel-Koalition die Mehrbelastung für Bürgerinnen und Bürger durch einen steigenden CO2-Preis ausgleichen. SPD, Grüne und FDP hatten im Koalitionsvertrag vereinbart: "Um einen künftigen Preisanstieg zu kompensieren und die Akzeptanz des Marktsystems zu gewährleisten, werden wir einen sozialen Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus entwickeln (Klimageld)."

Nach Aussagen von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist ab 2025 technisch eine Pro-Kopf-Auszahlung möglich. Jeder Bürger sollte Geld vom Staat zurückbekommen. Das würde allerdings Milliarden kosten. Es ist unklar, ob und wann die Koalition ihre Ankündigung umsetzt.

Eine Kopfpauschale sei ein gutes Instrument, weil es Transparenz schaffe, so Fratzscher. Für Menschen mit sehr geringem Einkommen sei ein Betrag von 139 Euro eine "spürbare Summe". Das Thema sei sehr komplex, man solle sich bei der Gestaltung nicht nur am Einkommen orientieren, sondern weitere Faktoren berücksichtigen. So seien Menschen in ländlichen Regionen oder schlechter isolierten Wohnungen stärker durch höhere Energiepreise belastet. Das Bündnis plädiert für eine soziale Staffelung des Klimagelds, also höhere Beträge für ärmere Menschen. Das wäre zwar komplizierter, räumte Steinhaus ein. "Aber es wäre auch gerechter."/jml/DP/nas