Reuters

Börsengänge von Covestro und Scout24 milliardenschwer

20.09.2015
um 10:41 Uhr

Frankfurt (Reuters) - Die Börsenkandidaten Covestro und Scout24 lassen sich vom heftigen Auf und Ab an den Finanzmärkten nicht von ihren Plänen abhalten.

Die Bayer-Kunststoff-Sparte Covestro will bis zum 2. Oktober mit einem Volumen von 2,5 Milliarden Euro sogar den größten Börsengang in Deutschland seit dem Boom-Jahr 2000 hinlegen. Der Betreiber der Internet-Kleinanzeigenbörsen ImmobilienScout24 und AutoScout24 will bei entsprechend hoher Nachfrage bis zu 1,6 Milliarden Euro einsammeln. Beide Anwärter lassen die Marktschwankungen aber nicht ganz kalt: Covestro bietet die Aktien in einer ungewöhnlich breiten Preisspanne an, Scout24 gibt sich bei der Zahl der auszugebenden Aktien extrem flexibel und schließt eine Änderung der Preisspanne nach oben oder unten während der Zeichnungsfrist nicht aus.

Korrekturen an der Preisspanne waren in Deutschland bisher bei Börsengängen fast tabu und nur mit großem Aufwand machbar. An der Londoner Börse sind sie gang und gäbe. In Deutschland beschränkten sich die Investmentbanker darauf, großen Anlegern kurz vor Ende der Zeichnungsfrist Hinweise zu geben, zu welchem Preis die Aktien zugeteilt würden. Doch die hohe Volatilität am deutschen Aktienmarkt macht es den Bankern schwer, vorab eine Preisspanne festzulegen, zu der viele Investoren auch noch in zwei Wochen zum Kauf bereit sind. Scout24 ist ein gebranntes Kind: Einen ersten Anlauf an die Börse hatte die Firma vor einem Jahr wegen der schwankenden Finanzmärkte abgeblasen.

Sowohl die Aktien von Scout24 als auch die von Covestro können von Montag an gezeichnet werden. Bei Scout24 ist dies bis zum 30. September möglich, die Erstnotiz ist für den 1. Oktober geplant. An diesem Tag endet die Zeichnungsfrist für Covestro. Am 2. Oktober soll die Bayer-Tochter ihre Börsenpremiere feiern. Die nächsten Kandidaten stehen bereits in der Warteschlange: die Reederei Hapag-Lloyd und der Baustoffhersteller Xella ("Ytong") wollen Finanzkreisen zufolge in den nächsten Wochen folgen.

BÖRSENERLÖS FLIESST AN BAYER

Covestro will mit dem Börsengang exakt 2,5 Milliarden Euro einsammeln. Wie viele neue Aktien dazu ausgegeben werden müssen, hängt davon ab, wie der Preis innerhalb der Spanne von 26,50 bis 35,50 Euro am Ende ausfällt. Je nachdem wird Covestro an der Börse mit 6,2 bis 7,5 Milliarden Euro bewertet. Nutznießer der Emission ist vor allem der Mutterkonzern Bayer, der seinen Anteil zunächst auf 60 bis 66 Prozent reduziert. Denn mit dem Erlös will Covestro 2,37 Milliarden Euro der Schulden tilgen, die sie bei der Mutter hat. Rund vier Milliarden Euro Schulden und Pensionslasten sind aber auch dann noch übrig. Seine neuen Aktionäre lockt Covestro mit einer Ausschüttung von 100 bis 150 Millionen Euro schon für das erste Jahr. Das entspräche einer Dividende von rund 40 bis 70 Cent je Papier.

Covestro fertigt mit gut 16.000 Mitarbeitern Vorprodukte für die Auto-, Möbel-, Haushaltsgeräte- und Bauindustrie. Covestro-Kunststoffe finden sich im Schaumstoff von Matratzen, Autositzen, aber auch in Blu-ray-Discs und dem Fußball-WM-Ball wieder. Der Umsatz lag 2014 bei 11,8 Milliarden Euro.

Auch bei Scout24 kassieren vor allem die Alteigentümer beim Börsengang ab, bei dem die Aktien zu 26,50 bis 33 Euro angeboten werden. Für die Münchner Kleinanzeigenbörse selbst sollen 225 Millionen Euro bleiben, die vor allem zur Tilgung der fast eine Milliarde Euro schweren Schuldenlast verwendet wird. Die noch mit 30 Prozent beteiligte Deutsche Telekom sowie die Finanzinvestoren Hellman & Friedman und Blackstone haben sich breiten Spielraum gelassen, wie viele Aktien sie verkaufen wollen: Das Basisvolumen von 21 Millionen kann kurzfristig um 15 Millionen aufgestockt werden. Die Platzierungsreserve von 15 Prozent kommt noch hinzu. Je nachdem kann die Emission knapp 900 Millionen oder 1,6 Milliarden Euro schwer werden.

Hellman & Friedman sowie Blackstone hatten der Telekom erst im vergangenen Jahr 70 Prozent an Scout24 für 1,5 Milliarden Euro abgekauft. AutoScout24 ist in Deutschland die Nummer zwei bei Internet-Anzeigen hinter der eBay-Tochter mobile.de, Immobilienscout24 sieht sich als Marktführer vor Immowelt und Immonet. Klappt die Neuemission, läge der Börsenwert bei 2,9 bis 3,5 Milliarden Euro. Auf eine Dividende können die Zeichner von Scout24 vorerst aber nicht hoffen.

Bayer AG

WKN BAY001 ISIN DE000BAY0017

Deutsche Telekom AG

WKN 555750 ISIN DE0005557508