Reuters

May will um Brexit-Verschiebung bitten - Unmut in der EU wächst

20.03.2019
um 07:22 Uhr

- von Peter Maushagen und Elizabeth Piper

Brüssel/London (Reuters) - Zehn Tage vor dem geplanten Austritt aus der Europäischen Union (EU) strebt die britische Premierministerin Theresa May eine Verschiebung des Termins an.

Sie werde den Brief mit der Bitte um einen Brexit-Aufschub am Dienstag oder Mittwoch nach Brüssel schicken, sagte ein Regierungssprecher in London. Nach Informationen der Sender BBC und ITV will May um eine Verschiebung um drei Monate bis Ende Juni ersuchen. Damit erhoffe sie sich zusätzliche Zeit, um den Ausstiegsvertrag doch noch durch das britische Parlament zu bekommen. Mays Antrag enthalte wohl auch die Option auf eine Verlängerung um bis zu zwei Jahre. EU-Unterhändler Michel Barnier sagte, May müsse für einen längeren Aufschub gute Gründe auf den Tisch legen, am besten neue politische Entwicklungen. Eigentlich soll Großbritannien am 29. März austreten.

Empfänger des May-Schreibens ist EU-Ratspräsident Donald Tusk, der am Donnerstag und Freitag den EU-Gipfel in Brüssel leitet. Die Staats- und Regierungschefs der anderen 27 EU-Länder müssen den Aufschub alle billigen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in Berlin, sie werde bis zur letzten Stunde für einen geregelten Brexit kämpfen. Ohne eine klare britische Position der Briten könne es aber keine EU-Entscheidung über die Verschiebung des Austritts geben. "Wir werden jetzt sehen, was Theresa May uns sagt, was ihre Wünsche sind", erklärte sie mit Blick auf den Gipfel. "Dann werden wir versuchen, darauf zu reagieren."

Die 27 EU-Staaten werden eine deutliche Verzögerung nicht einfach so durchwinken. Jeder Aufschub habe Folgen und verlängere auch die Unsicherheiten für Bürger und Unternehmen, sagte Barnier: "Ein langer Aufschub setzt voraus, dass tatsächlich etwas Neues im Angebot ist, dass politisch ein neuer Gedanke in die Verhandlungen kommt." Zu bedenken gebe es auch die Auswirkungen für die Wahlen zum Europaparlament Ende Mai. Von den 3,5 Millionen EU-Ausländern in Großbritannien seien die meisten wahlberechtigt, ebenso die 1,2 Millionen Briten in der EU. "Jedes Land braucht Zeit, um sich auf die Wahlen vorzubereiten." Laut EU-Vertrag muss jedes Mitgliedsland auch im Parlament vertreten sein.

EU-MINISTER UNGEDULDIG

In der EU wächst unterdessen der Unmut über die Hängepartie mit Großbritannien. "Die Ungewissheit ist inakzeptabel", sagte die französische Europa-Ministerin Nathalie Loiseau in Brüssel. Dort drängte auch Deutschlands Europa-Staatsminister Michael Roth zur Eile. "Liebe Freunde in London, bitte liefert. Die Uhr tickt." Der schwedische EU-Minister Hans Dahlgren forderte Signale aus London, wie der Prozess zu einem Ende gebracht werden soll. "Wir haben in der EU mit einer ganzen Menge anderer Dinge zu tun.... Lasst es uns anpacken." Auch die rumänische EU-Ratspräsidentschaft verlangte eine eindeutige Position der Briten. "Offenkundig gibt es keine Klarheit, heute noch weniger als gestern", klagte der rumänische EU-Minister George Ciamba in Brüssel.

Krisenstimmung herrscht in der britischen Regierung, die von der Entscheidung von Parlamentspräsident John Bercow kalt erwischt wurde. Er will nach den zwei Abstimmungsniederlagen Mays nur noch eine substanziell veränderte Version des Ausstiegsvertrags zum Votum zulassen. Die Regierung suchte am Dienstag nach Wegen, um eine entsprechende Unterhaus-Regelung zu umgehen. Ab nächste Woche sollen die Abgeordneten die Debatte darüber fortsetzen, wie die Blockade gelöst werden könnte.