Reuters

Thyssen-Chef zieht Notbremse und streicht 6000 Stellen

10.05.2019
um 14:07 Uhr

- von Edward Taylor und Christoph Steitz und Tom Käckenhoff

Düsseldorf/Frankfurt (Reuters) - Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff will mit einer radikalen Kehrtwende den kriselnden Konzern zurück in die Spur bringen.

Der Manager legte am Freitag das seit Jahren verfolgte Stahl-Joint-Venture mit Tata Steel ebenso zu den Akten wie die von ihm im Herbst vorgeschlagene Konzernaufspaltung. "Thyssenkrupp wird sich stattdessen grundlegend neu ausrichten, um die operative Leistungsfähigkeit entscheidend zu verbessern", teilte der Konzern mit. Hierzu gehöre der Vorschlag an den Aufsichtsrat, die lukrative Aufzugssparte an die Börse zu bringen. Im Rahmen der Neuausrichtung würden 6000 Stellen abgebaut, zwei Drittel davon in Deutschland, kündigte Kerkhoff an. Die Thyssen-Aktie schoss in der Spitze mehr als 20 Prozent in die Höhe. Die Arbeitnehmervertreter fordern nun ein klares Zukunftskonzept.

Gegen die Stahl-Fusion hatte die EU-Kommission wettbewerbsrechtliche Bedenken angemeldet und Zugeständnisse gefordert, die Thyssen und Tata offenbar nicht erfüllen wollten. "Nach einem heutigen Gespräch mit der Wettbewerbskommission gehen Thyssenkrupp und Tata Steel davon aus, dass das geplante Joint Venture ihrer europäischen Stahlaktivitäten aufgrund der weiter fortbestehenden Bedenken der Kommission nicht zustande kommen wird", teilte Thyssenkrupp mit. Die Aufspaltung in einen Industriegüter- und einen Werkstoffkonzern sei wegen der Konjunkturabkühlung und der Geschäftsentwicklung nicht möglich.

Nun setzt Thyssenkrupp auf eine schlanke Holdingstruktur - mit mehr Freiheit für die einzelnen Bereiche, sich weiterzuentwickeln. Im Rahmen dieser neuen Strategie soll die Aufzugssparte an die Börse gebracht werden, um den finanziellen Spielraum von Thyssen zu verbessern. Die Sparte, an der der finnische Konkurrent Kone Interesse angemeldet hatte, werde höher bewertet als der ganze Thyssenkrupp-Konzern, sagte Kerkhoff. Die Stahlsparte müsse nach der Absage der Fusion saniert werden, 2000 Stellen sollen hier gestrichen werden. Auch für den Werkstoffhandel würden Optionen geprüft. Der Aufsichtsrat soll am 21. Mai über die Pläne entscheiden.

JAHRESVERLUST ERWARTET

Die Gemengelage im Unternehmen macht durchgreifende Veränderungen nicht leicht. Neben den mächtigen Arbeitnehmervertretern und der IG Metall sind der Finanzinvestor Cevian mit einem Anteil von rund 18 Prozent und die Krupp-Stiftung mit 21 Prozent wichtige Player, die in Fragen der Strategie nicht immer einer Meinung sind.

Die Anzeichen, dass die bestehenden Pläne nicht aufgehen, hatten sich seit Wochen verdichtet. Nun war der Druck auf Kerkhoff offenbar zu groß geworden. Schon zu Beginn seiner Amtszeit im vergangenen Sommer, als Kerkhoff Heinrich Hiesinger an der Spitze ablöste, kritisierten einige Investoren seine langjährige Rolle als Finanzchef im Konzern. "Kerkhoff gehört zur alten Garde. Es muss einen Neuanfang geben", hieß es damals von einem mächtigen Aktionär.

Die Arbeitnehmervertreter äußerten sich besorgt. "Herr Kerkhoff hat die Strategie der Teilung vor acht Monaten selbst vorgeschlagen. Wenn das jetzt nicht mehr funktionieren soll, dann muss er uns das schon erklären", sagte Vize-Aufsichtsratschef Markus Grolms der Nachrichtenagentur Reuters. Eine grundlegende Neuausrichtung von Thyssenkrupp sei nun unausweichlich. "Der Weg nach vorne muss endlich tragfähig sein, aber es muss fair zugehen. Die Beschäftigten haben dieses ganze Hick Hack nicht zu verantworten." Deshalb müsse ein klarer Weg nach vorne beschrieben werden. "Ein solches Chaos wie im letzten Jahr darf nicht wieder entstehen. Mit uns ist keine Lösung machbar, in der nicht Perspektiven für alle Geschäfte stecken."

Wegen der abgesagten Stahlfusion kann Thyssenkrupp auch die erwarteten Buchgewinne nicht einstreichen und muss Prognose für das laufende Geschäftsjahr zusammenstreichen. Der Konzern rechnet nun inklusive des Stahlbereichs, der im dritten Quartal wieder eingegliedert wird, mit einem bereinigten operativen Ergebnis (Ebit) von 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro. Unter dem Strich erwartet ThyssenKrupp in diesem Jahr Verluste.

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