Reuters

Österreichs Kanzler Kurz droht Misstrauensvotum

21.05.2019
um 11:02 Uhr

Wien (Reuters) - Nach dem Bruch der rechts-konservativen Regierung wackelt auch der Stuhl von Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

Die kleine Oppositionspartei Jetzt-Liste-Pilz hat angekündigt, im Parlament einen Misstrauensantrag gegen den Kanzler einbringen zu wollen. Die Linie der FPÖ dazu war am Dienstag allerdings nicht eindeutig. "Es wäre fast naiv von Kurz anzunehmen, dass wir Freiheitliche nach dem Misstrauen von Kurz gegen uns kein Misstrauen gegen ihn haben", sagte der bisherige Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) der Zeitung "Österreich". "Wer Vertrauen gibt, erhält Vertrauen. Wer Misstrauen gibt, kriegt Misstrauen." Ein FPÖ-Sprecher sagte dazu der Nachrichtenagentur APA allerdings, das Abstimmungsverhalten der Partei sei noch nicht entschieden. Die FPÖ sehe Kickl in der Zeitung "Österreich" missinterpretiert, sie hatte geschrieben, die FPÖ wolle den Misstrauensantrag unterstützen.

Offen ist bislang, ob die Sozialdemokraten einen Misstrauensantrag unterstützen würden. Um erfolgreich zu sein, müsste ein solcher Antrag von einer Mehrheit im Parlament getragen werden. Der SPÖ kommt daher als größter Oppositionspartei eine besondere Rolle zu. Sowohl SPÖ als auch FPÖ haben offiziell noch keine Entscheidung über ein Misstrauensvotum getroffen.

Am Zug ist jetzt Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Er muss dafür sorgen, dass das Land bis zur Neuwahl im September von einer Übergangsregierung geführt wird. Für 12.30 Uhr sei ein Treffen mit Kurz geplant, teilte die Präsidentschaftskanzlei mit. Am Nachmittag will er mit den beiden kleineren Oppositionsparteien Neos und Jetzt-Liste-Pilz Gespräche führen.

Ein Misstrauensantrag muss im österreichischen Parlament, dem Nationalrat, debattiert werden. Es gilt als wahrscheinlich, dass das Parlament am kommenden Montag zu einer Sondersitzung zusammenkommt. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka kündigte eine Presseerklärung noch im Laufe des Tages an.

Am Montag hatten alle FPÖ-Minister angekündigt, ihre Ämter niederzulegen, nachdem Kurz den Rücktritt von Innenminister Kickl vorgeschlagen hatte. Freiwerdende Ministerien sollten bis zur vorgezogenen Wahl im Herbst von Experten und Spitzenbeamten besetzt werden, sagte Kurz.