Reuters

Union und SPD schalten nach Wahlschlappen in Arbeitsmodus

13.06.2019
um 16:47 Uhr

Berlin (Reuters) - Knapp drei Wochen nach den Verlusten bei der Europawahl wollen Union und SPD Weichen für die weitere Zusammenarbeit in der großen Koalition im Bund stellen.

Auf der Klausur der geschäftsführenden Vorstände der Regierungsfraktionen wollen CDU, CSU und SPD am Freitag Beschlüsse zur Wirtschaftspolitik, dem Mobilfunkausbau und zur Pflege treffen. Am Sonntagabend berät dann der Koalitionsausschuss im Kanzleramt über den Haushalt 2020. Sowohl CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus als auch der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, betonten trotz der Debatten über den Bestand der großen Koalition den Willen zur Zusammenarbeit.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil forderte allerdings Zugeständnisse der Union bei der Grundrente und dem Klimaschutzgesetz. Als Beispiel nannte Klingbeil am Donnerstag im SWR-Rundfunk etwa die von der Union geforderte Bedürftigkeitsprüfung bei der Grundrente. "Die Union muss jetzt erst einmal benennen, wo sie Bedenken hat und wo sie nicht mitgehen will." Bei beiden Themen müssten jetzt Entscheidungen fallen. "Das ist auch der Test für die SPD, ob diese Koalition handlungsfähig ist und regierungsfähig ist."

Überschattet wird die Klausur vom Rücktritt der SPD-Fraktions- und Parteichefin Andrea Nahles nach der Europa- und der Bremenwahl. Die SPD-Fraktion wird kommissarisch von Fraktionsvize Rolf Mützenich geleitet. Schneider zeigte sich trotz der Debatten bei den Sozialdemokraten überzeugt, dass die große Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode halten wird. "Ich glaube, die große Koalition ist deutlich besser als ihr Ruf, und der Ruf wird sich der Realität anpassen, und sie wird bis 2021 halten", sagte er im Deutschlandfunk.

"Wenn man sich in vielen Sachen einig ist und man hat eine Sache, wo man sich nicht einig ist, da macht es auch Sinn, dass man einfach mal organisiert und darüber spricht, wie man die Sachen voranbringt, wo man sich einig ist", sagte der CDU-Politiker Brinkhaus im ARD-Morgenmagazin zum Streit über die Grundrente. Zugleich dämpfte er Erwartungen an einen schnellen Durchbruch bei diesem Thema. "Es geht jetzt nicht darum, irgendwelche Probleme auszuräumen, sondern es geht tatsächlich darum, gemeinsame Projekte zu identifizieren und diese gemeinsamen Projekte voranzubringen."

Nach den Fraktionen wollen am Sonntag die Koalitionsspitzen über die Aufstellung des Haushalts 2020 und die mittelfristige Finanzplanung beraten. Dabei muss die große Koalition entscheiden, wo sie in Zeiten schwächer sprudelnder Steuereinnahmen Akzente setzen will. Für die SPD werden die drei kommissarischen Vorsitzenden Malu Dreyer, Thorsten Schäfer-Gümbel und Manuela Schwesig teilnehmen.