Reuters

Deutschland hofft noch auf Rettung von Rohstoffprojekt in Bolivien

23.01.2020
um 16:37 Uhr

- von Michael Nienaber

Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung hofft nach der im Mai anstehenden Präsidentschaftswahl in Bolivien ein wichtiges Rohstoffprojekt in dem südamerikanischen Land noch retten zu können.

Denn die Zusammenarbeit des baden-württembergischen Familienunternehmens ACI Systems mit dem lokalen und staatlich betriebenen Lithium-Spezialisten YLB wurde zuletzt in den politischen Wirren des Landes aufgekündigt. Mit der Kooperation will die Bundesregierung helfen, die hiesige Rohstoffversorgung zu sichern. Je mehr Elektroautos in den nächsten Jahren auf die Straße kommen, desto stärker dürfte die Nachfrage nach Lithium werden, das vor allem für die Batterien benötigt wird. Hier sitzt Bolivien - wie Nachbar Chile - auf riesigen Vorräten.

Nach Einschätzung des Wirtschaftsministeriums in Berlin wird die nächste Regierung in Bolivien entscheiden, wie es mit dem Projekt weitergeht. ACI-Chef Wolfgang Schmutz sagte der Nachrichtenagentur Reuters, mit der neuen Führung in La Paz solle es so schnell wie möglich Gespräche geben, um das Vorhaben fortzusetzen beziehungsweise einen Neustart zu organisieren.

Das Joint Venture wurde 2018 unterzeichnet, als Evo Morales noch Präsident war. Nach Massendemonstrationen und Manipulationsvorwürfen im Zuge seiner umstrittenen Wiederwahl war der Sozialist aber ins Exil gegangen. Seitdem gibt es eine Übergangsregierung. Das Lithium-Projekt wurde im November 2019 zur Überraschung der deutschen Seite annulliert. Der neue YLB-Chef Juan Carlos Zuleta sagte Reuters zuletzt, die Vereinbarung mit Deutschland bleibe vorerst zurückgestellt. Eine Alternative mit China werde dagegen neu bewertet. "Wie nachhaltig die Stellungnahme von Juan Carlos Zuleta sein wird, hängt unseres Erachtens auch von der neu zu wählenden Regierung in Bolivien ab", konterte ACI-Chef Schmutz.

CHINA KÖNNTE STATT DEUTSCHLAND ZUM ZUG KOMMEN

Es gibt Spekulationen, ob Wettbewerber aus China oder Chile das Projekt mit den Deutschen torpedieren. Schmutz wurden nach eigenen Angaben keine Gründe für den vorläufigen Ausstieg genannt. Das Bundeswirtschaftsministerium teilte mit, man sei im Kontakt mit der Botschaft in La Paz und auch ACI Systems.

Grundsätzlich sei es Aufgabe der Unternehmen, ihre Rohstoffversorgung sicherzustellen, ergänzte das Ministerium. Die Bundesregierung unterstütze deren Bemühungen aber mit Rohstoffpartnerschaften mit mehreren Ländern. Die für E-Autos wichtigen Batterierohstoffe Lithium, Kobalt, Nickel und Graphit dürften in den kommenden Jahren deutlich stärker nachgefragt werden. Deswegen sei das Bolivien-Projekt Salar de Uyuni zur Ergänzung wichtig.

Experten zufolge ist Lithium aus Bolivien aber von schlechterer Qualität als Lieferungen aus Chile. Die Gewinnung gilt zudem in Bolivien als schwieriger. Deutschland hat 2018 nach Angaben der Rohstoffagentur Dera knapp 6000 Tonnen Lithiumkarbonat importiert, 70 Prozent kamen dabei aus Chile. Dera-Experte Michael Schmidt geht bis 2025 von einem zusätzlichen Lithiumbedarf zwischen 5000 und 20.000 Tonnen aus, je nach Ausbautempo bei der Elektromobilität. "Bis 2025 kann das Angebot die Nachfrage vermutlich bedienen. Nach 2025 wird mit einem zusätzlichen Nachfrageschub gerechnet. Ein massiver Ausbau der Angebotskapazitäten ist daher notwendig."

Wirtschaftsminister Peter Altmaier will Deutschland mit staatlichen Fördermitteln zu einem führenden Standort für die Batteriezellfertigung machen und damit die Abhängigkeit von asiatischen Anbietern reduzieren.