Reuters

Coronavirus auf dem Vormarsch - EU-Kommission prüft Notfall-Pläne

26.02.2020
um 14:02 Uhr

- von John Chalmers und Holger Hansen

Rom/Berlin (Reuters) - Gegen die Ausbreitung des Coronavirus will die Europäische Union (EU) gemeinsam vorgehen.

Alle EU-Mitgliedstaaten müssten ihre Notfall-Pläne überprüfen und die EU-Kommission über ihre Vorkehrungen informieren, sagte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides am Mittwoch in Rom. In Italien war die Zahl der mit dem Virus Infizierten sprunghaft gestiegen. In Deutschland wurden am Dienstagabend zwei neue Fälle bekannt. Das Robert-Koch-Institut in Berlin rechnet mit weiteren Fällen, schätzt die Gefahr für die Gesundheit aber "aktuell als gering bis mäßig" ein. Weltweit sind mittlerweile über 80.000 Menschen infiziert, der Großteil davon in China. An den Börsen setzten sich die Kurseinbrüche aus Sorge um eine Ansteckung der Konjunktur fort.

"Das Virus ist uns deutlich näher gerückt", sagte der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, mit Blick auf die Ausbreitung in Italien. Eine Expertengruppe der Bundesregierung berate fortwährend über die Entwicklung. Für eine Reisewarnung für Italien sieht das Auswärtige Amt keinen Anlass. Davon sei man "ziemlich weit entfernt". Auch Seibert unterstrich, die Bundesregierung wolle europäisch abgestimmt vorgehen. In Italien starb binnen weniger Tage bereits der zwölfte Virus-Patient.

ZAHL DER INFIZIERTEN IN DEUTSCHLAND STEIGT AUF 18

In Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg wurden am Dienstagabend die ersten Fälle in den beiden Bundesländern bestätigt. Der Mann aus dem nordrhein-westfälischen Landkreis Heinsberg befand sich nach Behördenangaben in einem kritischen Zustand. Er wurde auf der Intensivstation isoliert. Im Kreisgebiet blieben Schulen und Kindergärten geschlossen. Die ersten Virus-Fälle in Deutschland hatte es in Bayern gegeben. Bei der Infektion in Baden-Württemberg handelt es sich laut Landesgesundheitsminister Manne Lucha um einen Einzelfall. Der 25-Jährige habe sich in Mailand angesteckt. "Es gibt nach wie vor keinen kursierenden Virus bei uns", sagte Lucha.

Bundesweit stieg damit die Zahl der Infizierten auf 18. "Mit dem Import von weiteren Fällen nach Deutschland muss gerechnet werde", teilte das Robert-Koch-Institut mit. Eine weltweite Ausbreitung des Erregers sei wahrscheinlich. Griechenland meldete die erste Infektion. In Brasilien gab es eine erste Infektion bei einer Person, die Italien besucht hatte. Weltweit verzeichnet die Weltgesundheitsorganisation WHO 80.988 Infektionen, davon 96,5 Prozent in China. Von einer Pandemie - einer weltweiten Epidemie - will die WHO nicht sprechen, da ungerechtfertigte Ängste und Stigmata vervielfacht würden.

Weltweit wächst die Sorge vor wirtschaftlichen Auswirkungen des Virus. Der deutsche Aktien-Leitindex Dax fiel am Mittwoch in der Spitze um 3,3 Prozent, erholte sich bis zum frühen Nachmittag aber wieder auf ein Minus von 0,8 Prozent. Vor der weltgrößten Tourismusmesse ITB, die kommende Woche in Berlin startet, verschärfen die Veranstalter auf Anweisung der Gesundheitsbehörden ihre Vorkehrungen. Wer innerhalb der letzten 14 Tage in den Risikogebieten in China, Iran, Italien oder Südkorea war, erhält keinen Zutritt zum Messegelände. Die für Ende Juli geplanten Olympischen Spiele in Japan sollen laut Veranstalter nicht abgesagt werden.