Reuters

BDI fordert Ende des Koalitionsstreits in Flüchtlingsfrage

03.11.2015
um 11:31 Uhr

- von Gernot Heller

Berlin (Reuters) - BDI-Präsident Ulrich Grillo hat die Bundesregierung zur Geschlossenheit und einem gemeinsamen Handeln in der Flüchtlingspolitik aufgerufen.

Zugleich müsse die Regierung mehr für die Sicherung des Wirtschaftswachstums tun, um die Herausforderungen durch den Zustrom der Menschen zu meistern, sagte Grillo am Dienstag in Berlin beim Tag der Deutschen Industrie. Nur dann lasse sich das Flüchtlingsproblem, das viel Geld kosten werde, wirtschaftlich bewältigen, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Industrie (BDI). "Die Stimmung kann auch umschlagen", warnte er.

Die nach wie vor günstige Wirtschaftsentwicklung sollte es nach Grillos Worten erleichtern, die Herausforderung anzugehen. "Die gute Konjunktur bleibt in Deutschland intakt." Der BDI rechnet weiter mit rund zwei Prozent Wachstum in diesem Jahr und ist damit optimistischer als die Bundesregierung und viele Experten. "Im kommenden Jahr wird die Sache etwas schwieriger", sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber aber voraus. Dennoch sollte es, wenn die Integration der Zuwanderer einigermaßen bewältigt werde und sich die Rahmenbedingungen nicht gravierend verschlechterten, auch 2016 bei einer insgesamt guten Entwicklung bleiben.

FLÜCHTLINGSTHEMA BEINHALTET AUCH VIELE RISIKEN

"Es gibt viele Chancen, es gibt viele Risiken", beschrieb Grillo die Auswirkungen der Zuwanderungswelle. Deshalb sei es so wichtig, dass die Regierung zur Gemeinsamkeit zurückfinde, um die richtigen Weichen zu stellen. "Mehr Einigkeit ist unabdingbar." Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer sagte: "Ich erwarte von einer großen Koalition Entscheidungen und Lösungen, nicht Streit aus der zweiten Reihe."

Die Regierung müsse aber auch bei Energiepolitik und Digitalisierung handeln. "Unser Aufschwung ist noch nicht nachhaltig genug", warnte Grillo. An der Halbzeitbilanz der Regierung habe der BDI viel auszusetzen. "Die große Koalition hat ein paar Eigentore geschossen: mit Mindestlohn, Rente mit 63, Maut und vielen anderen Themen." Nötig seien mehr öffentliche Investitionen, mehr Schritte zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. "Wir haben eine große Koalition, die hat eine große Verantwortung", unterstrich er.

Kritisch äußerte sich Grillo auch über die Abgasmanipulationen bei Volkswagen. "Volkswagen hat... damit der deutschen Industrie einen Bärendienst erwiesen", sagte er. Mit einer schnellen Aufarbeitung des Skandals stehe das Unternehmen auch in der Verantwortung für die ganze Industrie. Zudem warnte der BDI-Chef vor einem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU. "Ein Brexit führt uns alle in die Sackgasse, wir brauchen einander", sagte er auf dem Kongress, auf dem auch der britische Finanzminister George Osborne zu den Rednern zählte.

Volkswagen AG Vz.

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