Reuters

Oppositioneller - Demokratie-Bewegung in Hongkong erwägt Exil-Parlament

02.07.2020
um 18:52 Uhr

London (Reuters) - In der Opposition in Hongkong wird nach Angaben eines Regierungskritikers über die Gründung eines Exil-Parlaments nachgedacht.

Eine solche Volksvertretung im Ausland solle China verdeutlichen, dass Freiheitsbestrebungen nicht unterdrückt werden könnten, sagte der im britischen Asyl lebende Hongkonger Simon Cheng, der sich selbst als Demokratie-Aktivist bezeichnet, der Nachrichtenagentur Reuters. "Ein Schattenparlament kann Peking und den Hongkonger Behörden sehr klar signalisieren, dass es Demokratie nicht nur von Pekings Gnaden geben kann." Es sollten inoffizielle Bürgergruppen als Volksvertretung gegründet werden. Das Vorhaben sei aber noch nicht weit gediehen. Zu einem möglichen Sitz eines Exil-Parlaments äußerte sich Cheng nicht.

Am Dienstag war ein Sicherheitsgesetz in Kraft getreten, das den bisher radikalsten Einschnitt in die Autonomie der Sonderverwaltungszone bedeutet. Mit dem Regelwerk reagiert die Pekinger Führung auf die jüngste Protestbewegung. Sie hatte sich gegen einen wachsenden Einfluss der Volksrepublik formiert und das öffentliche Leben der Finanzmetropole 2019 monatelang lahmgelegt hatte. Der ehemaligen britischen Kronkolonie waren 1997 bei der Rückgabe an China weitgehende Freiheiten nach dem Prinzip "Ein Land - zwei Systeme" für mindestens 50 Jahre zugesagt worden. Das neue Gesetz sieht lebenslange Haft als Höchststrafe für eine Reihe von Vergehen vor, die die Behörden als Subversion, Abspaltung oder Terrorismus werten. Am Mittwoch nahm die Polizei in Hongkong mehr als 300 Demonstranten fest, die trotz des neuen Gesetzes auf die Straße gegangen waren.

Der Oppositionelle Cheng sagte, immer mehr Menschen verlören die Hoffnung, dass Demonstrationen Wirkung zeigten. "Wir entwickeln alternative Wege, um für die Demokratie zu kämpfen", so der ehemalige Mitarbeiter des britischen Konsulats in Hongkong. "Wir müssen schlau im Umgang mit dem zunehmenden Totalitarismus sein: Sie lassen die Muskeln spielen, um zu unterdrücken, also müssen wir raffinierter und geschickter vorgehen." Cheng floh aus Hongkong. Er gibt an, von der chinesischen Geheimpolizei gefoltert worden zu sein.