Reuters

Tausende Flüchtlinge auf Lesbos wollen nicht in neues Lager

15.09.2020
um 14:32 Uhr

Lesbos (Reuters) - Auf der griechischen Insel Lesbos weigern sich nach dem Brand des Flüchtlingslagers Moria Tausende obdachlos gewordene Migranten, neu errichtete Behelfsunterkünfte zu beziehen.

Stattdessen forderten sie am Dienstag erneut, dass sie die Insel verlassen dürfen. "Wir haben sie informiert, dass sie in die Einrichtung gehen müssen, aber sie lehnen das ab", sagte ein Polizeivertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte. "Sie wollen die Insel verlassen."

Mehr als 12.000 Menschen, die vor allem aus Afghanistan, Syrien und Afrika stammen, waren in dem völlig überfüllten Lager Moria untergebracht. Doch seit es am Mittwoch vergangener Woche niederbrannte, harren die meisten von ihnen ohne Obdach, Sanitäranlagen und Lebensmittelversorgung aus. In ein neues vorläufiges Lager in der Region Kara Tepe, das bereits mit 5000 Betten ausgestattet ist und erweitert wird, hätten bislang nur 1000 Migranten gehen wollen, teilte die Regierung mit. Tausende andere - Männer, Frauen und Kinder - verbrachten die Nacht außerhalb der Anlage am Straßenrand. Sie fürchten, dass in dem neuen Lager die Lebensbedingungen genauso schlecht sind wie in Moria und hoffen, dass sie von der Insel herunterkommen.

"Niemand wird Lesbos verlassen, ohne vorher in dem Übergangslager gewesen zu sein", sagte Bürgerschutz-Minister Michalis Chrisohoidis im Hörfunksender Skai. Am Wochenende hatte Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis erklärt, in jedem Fall werde auch ein dauerhaftes Auffanglager für Flüchtlinge auf Lesbos errichtet, das das zerstörte Lager Moria ersetzen solle. Dies war ursprünglich für rund 2800 Menschen konzipiert worden. Lesbos liegt nahe an der türkischen Küste, weshalb dort viele Migranten strandeten.

Doch bislang durften nur wenige hundert Flüchtlinge Lesbos verlassen, meist unbegleitete Minderjährige. Deutschland will nun rund 150 durch den Brand obdachlos gewordene Minderjährige aufnehmen. Die griechischen Behörden haben erklärt, dass es keine Massentransfers aufs Festland geben wird und alle Migranten in die neue Unterkunft auf Lesbos gehen müssen.