Reuters

Parlamentskreise - Widerstand gegen AfD-Kandidaten für Wirecard-Ausschussvorsitz

02.10.2020
um 18:27 Uhr

Berlin (Reuters) - Die Parteien im Bundestag loten Reuters-Informationen zufolge Wege aus, um den von der AfD nominierten Kay Gottschalk als Vorsitzenden des Wirecard-Untersuchungsausschusses zu verhindern.

Dabei gilt momentan als wahrscheinliches Szenario, dass Gottschalk keine Mehrheit bekommt und nur ein Stellvertreter gewählt wird, wie am Freitag aus Parlamentskreisen verlautete. Dieser Posten stehe der Union zu, die dafür den CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach vorgesehen habe. Der U-Ausschuss, der Versäumnisse der Regierung und seiner Behörden in dem Bilanzskandal aufklären soll, könnte unter Leitung des Stellvertreters seine Arbeit aufnehmen, so das Kalkül mehrerer Fraktionen.

Der AfD steht nach dem üblichen Rotationsprinzip im Bundestag bei diesem U-Ausschuss der Vorsitz zu. Sie geht davon aus, dass Gottschalk auch gewählt wird. Einige Ausschussmitglieder haben starke Vorbehalte angemeldet. "Der Vorsitzende sollte über fachliche und parlamentarische Kompetenzen verfügen, aber auch charakterlich geeignet sein", sagte der Grünen-Politiker Danyal Bayaz dem "Handelsblatt". Bei Gottschalk sehe er dies nicht erfüllt. Auch die Linke äußerte sich kritisch. Mehrere Abgeordnete sagten Reuters, nicht für die AfD votieren zu wollen. Der U-Ausschuss kommt am nächsten Donnerstag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Dann steht die Wahl des Vorsitzenden und eines Stellvertreters auf der Tagesordnung.

Das Gremium wird neun Mitglieder haben. Wirecard war im Juni wegen milliardenschwerer Luftbuchungen in die Pleite gerutscht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Bilanzfälschung, Betrug, Marktmanipulation und Geldwäsche. Der U-Ausschuss soll auch Empfehlungen für die Reform der Finanzaufsicht, der Bilanzkontrolle durch Wirtschaftsprüfer, der Geldwäscheaufsicht und die Strafverfolgung von Bilanzbetrug aussprechen.