Reuters

TUI-Chef wirbt bei Aktionären um Zustimmung zum Rettungspaket

05.01.2021
um 12:22 Uhr

Frankfurt (Reuters) - TUI-Chef Fritz Joussen hat auf der außerordentlichen Hauptversammlung des von der Corona-Krise hart getroffenen Reisekonzerns um die Zustimmung der Aktionäre zum dritten milliardenschweren Rettungspaket geworben.

TUI sei durch die Reisebeschränkungen in der Pandemie über Nacht zu einem Unternehmen ohne Produkt und ohne nennenswerten Umsatz geworden, sagte Joussen am Dienstag auf dem virtuell abgehaltenen Aktionärstreffen. Doch das können sich schnell wieder ändern, wenn die Pandemie überwunden werde. "Das integrierte Geschäftsmodell der TUI ist grundsätzlich intakt und in der besten Ausgangslage, um bei Lockerung der Reisebeschränkungen kurzfristig wieder einen profitablen Betrieb zu ermöglichen", betonte Joussen. "Die TUI hat eine sehr gute Perspektive." Der Reiseveranstalter sehe angesichts der überall anlaufenden Impfkampagnen Licht am Ende des Tunnels.

Die Aktionäre von TUI müssen für das im Dezember vereinbarte 1,8 Milliarden Euro schwere Finanzpaket einen Kapitalschnitt, eine Kapitalerhöhung und das Umtauschrecht stiller Einlagen in Aktien absegnen. Über die geplante Kapitalerhöhung sollen TUI 500 Millionen Euro zufließen. Das Gros der übrigen 1,3 Milliarden Euro schießt der Staat mit stillen Einlagen zu, die teilweise in Aktien getauscht werden können. "Bei Bedarf" könnte der Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes eine Sperrminorität an TUI von 25 Prozent plus einer Aktie erlangen.

Nach der Lufthansa, die mit neun Milliarden Euro Staatshilfe aus Deutschland, der Schweiz, Österreich und Belgien vor der Pleite bewahrt wird, ist TUI der zweite große Krisenfall in der Pandemie. Insgesamt sichert der Staat mit 4,3 Milliarden Euro die Existenz von TUI, knapp drei Milliarden davon kommen als Kredit von der Staatsbank KfW.

Kurz vor der Hauptversammlung erteilten die Behörden für das Rettungspaket notwendige Zustimmungen. Die EU-Kommission gab grünes Licht für bis zu 1,25 Milliarden Euro Staatsbeihilfe. Diese sei gerechtfertigt, weil sie die Insolvenz von TUI abwende, "die gravierende Folgen für die Beschäftigung in Deutschland und die deutsche Wirtschaft hätte", erklärte die Brüsseler Behörde. Der Reisekonzern zahle dem Staat dafür eine angemessene Vergütung. So lange TUI von öffentlichem Geld abhängig ist, darf das Unternehmen keine Firmen kaufen, Dividenden an die Aktionäre oder Boni an die Manager zahlen. So soll ein unfairer Wettbewerbsvorteil durch Staatshilfe verhindert und ein Anreiz geschaffen werden, die Milliarden zügig wieder zurückzuzahlen.

Die Finanzaufsicht BaFin machte noch am Montag den Weg frei, dass TUI-Großaktionär Alexej Mordaschow sich an der Kapitalerhöhung stärker beteiligen und seinen Anteil von knapp 25 auf über 30 Prozent erhöhen kann, ohne den Konzern vollständig übernehmen zu müssen. Die BaFin befreite Mordaschows Gesellschaft Unifirm von der Pflicht zu einem Übernahmeangebot an die übrigen Aktionäre, das normalerweise beim Überschreiten der 30-Prozent-Schwelle fällig würde. Die Befreiung hatte der Russe zur Bedingung dafür gemacht, dass er bei der anstehenden Kapitalerhöhung neue TUI-Aktien für bis zu 266 Millionen Euro zeichnen werde. Die BaFin begründete die Ausnahme für Mordaschow in dem am Montag veröffentlichten Bescheid damit, dass die Stabilisierung des Unternehmens Vorrang vor dem Interesse der übrigen Aktionäre an einem Kaufangebot habe. Die Kapitalspritze von Mordaschows zyprischer Holding Unifirm sei Bedingung für die Hilfen des WSF, "die letztlich wiederum zur Beseitigung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit erforderlich sind".