Reuters

Conte wirbt vor Vertrauensfrage um Unterstützung der Opposition

18.01.2021
um 15:57 Uhr

Rom (Reuters) - Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte wirbt nach dem Bruch seiner Regierungskoalition um die Unterstützung von Abgeordneten der Opposition.

Er brauche eine breite Basis, um die pro-europäische Politik voranzutreiben, sagte der parteilose Regierungschef am Montag in Rom vor dem Abgeordnetenhaus. "Helfen Sie uns, diese Wunde zu heilen", appellierte er an die Parlamentarier. Am Mittwoch hatte Italia Viva, die kleine Partei der Mitte von Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi, die Koalition mit der 5-Sterne-Bewegung und den Sozialdemokraten (Partito Democratico, PD) platzen lassen. Damit verlor Conte mitten in Corona- und Wirtschaftskrise die absolute Mehrheit im Parlament und stellte die Vertrauensfrage. Nun entscheidet sich, ob Contes Regierung weitermachen kann oder ob es zu voraussichtlich langwierigen Verhandlungen über eine neue Regierung oder gar einer Neuwahl kommt.

Im Abgeordnetenhaus, dem Unterhaus des Parlamentes, war die Abstimmung zur Vertrauensfrage für etwa 18.30 Uhr (MEZ) anberaumt. Hier dürfte Conte die absolute Mehrheit der insgesamt 630 Mandate behalten. Die entscheidende Abstimmung folgt am Dienstag im Senat, dem Oberhaus mit seinen 321 Sitzen. Dort werden wohl mindestens drei der sechs Senatoren auf Lebenszeit Conte unterstützen, dennoch könnte er die absolute Mehrheit verlieren. Außenminister Luigi Di Maio von der 5-Sterne-Bewegung sagte dem "Corriere della Sera", auch eine relative Mehrheit genüge. "Es ist eine Mehrheit." Die absolute Mehrheit werde nur in wenigen Fällen wie Budgetänderungen benötigt. "Und wenn wir sie brauchen, werden wir sie finden."

Um Unterstützung aus dem Spektrum der Liberalen und der Mitte zu gewinnen, versprach Conte eine Kabinettsumbildung und eine Überarbeitung der Regierungsvorhaben. Er wolle Italien modernisieren und die Maßnahmen zur Ankurbelung der in der Rezession steckenden Wirtschaft rascher umsetzen. Den Rückzug von Renzis Italia Viva nach nur 17 Monaten verurteilte Conte und deutete eine Absage an eine Rückkehr der Partei in die Regierung an. "Seien wir ehrlich, wir können nicht rückgängig machen, was geschehen ist. Wir können nicht das Vertrauen und die Zuversicht zurückgewinnen, die für die Zusammenarbeit notwendig sind", sagte Conte. "Jetzt müssen wir eine andere Seite aufschlagen."

Renzis Partei hatte erklärt, sie sei zur Rückkehr in die Koalition bereit, wenn ihre Forderungen erfüllt werden. Die beiden größten Koalitionäre, die 5-Sterne-Bewegung und die PD, haben aber bereits erklärt, sie wollten mit Renzi nichts mehr zu tun haben. Streitpunkt ist die Vergabe der von der EU zugesagten Corona-Hilfen in Milliardenhöhe. Zwar erhielten Contes Pläne doch noch die Zustimmung der Regierung. Renzi aber fordert, dass Italien zudem einen Kredit aus dem Rettungsfonds der Euro-Zone, dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), beantragen soll, um das Gesundheitswesen zu stärken. Kritiker befürchten, ein solcher Kredit könnte an unerwünschte Bedingungen geknüpft sein.