Reuters

Wortgefechte im Prozess gegen Nawalny um Verleumdungsvorwürfe

12.02.2021
um 12:52 Uhr

Moskau (Reuters) - Der russische Kreml-Kritiker Alexej Nawalny hat sich bei einem weiteren Prozess als Angeklagter in Moskau Wortgefechte mit der Richterin geliefert.

Zum Auftakt der Verhandlung wegen des Vorwurfs der Verleumdung eines Weltkriegsveteranen warf der 44 Jahre alte Rechtsanwalt der Richterin am Freitag Gerichtssaal vor, das Gesetz nicht zu kennen und Nachhilfe nötig zu haben. Die Richterin wies den in einem Glaskäfig sitzenden Nawalny mindestens 15 mal zurecht und drohte ihn aus der Verhandlung auszuschließen.

Nawalny wird vorgeworfen, einen Veteranen des Zweiten Weltkriegs als Verräter und korrupten Lakaien verleumdet zu haben. Der ehemalige Rotarmist hatte im vergangenen Jahr für Verfassungsreformen geworben, die es dem Präsidenten Wladimir Putin erlauben soll, nach 2024 für zwei weitere Amtszeiten zu kandidieren. Der Enkel des Veteranen bat Nawalny um eine öffentliche Entschuldigung. Nawalny weigerte sich und sagte, der Veteran werde für politische Zwecke ausgenutzt. Bei einer Verurteilung droht dem Putin-Gegner eine Gefängnisstrafe von bis zu zwei Jahren. Nawalny war bereits vergangene Woche zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden, weil er gegen Bewährungsauflagen aus einem früheren Urteil verstoßen haben soll.

Wiederholt sind Zehntausende auf die Straße gegangen, um für Nawalnys Freilassung zu demonstrieren. Er war im August in Russland mit einem Kampfstoff vergiftet worden. Über Monate wurde er in der Berliner Charité behandelt. Der Oppositionspolitiker macht Putin für den Anschlag persönlich verantwortlich, der Präsident weist eine Beteiligung zurück. Das Vorgehen gegen Nawalny hat auch eine Krise in den Beziehungen zwischen europäischen Staaten und Russland ausgelöst.