Reuters

Bundestag will grünes Licht für Lobbyregister geben

25.03.2021
um 16:52 Uhr

Berlin (Reuters) - Unter dem Eindruck mehrerer mutmaßlicher Korruptionsfälle in CDU und CSU bekommt Deutschland ein öffentliches Lobbyregister für Interessensvertreter.

Der Bundestag wollte dafür am Donnerstagabend grünes Licht geben. Die Zustimmung galt im Vorfeld mit den Stimmen der großen Koalition als sicher. Kritiker bemängelten, dass die Maßnahmen nicht weit genug gehen und nur teilweise für Transparenz sorgen.

Professionelle Interessensvertreter müssen sich künftig in einem Register eintragen. Die Pflicht dazu soll für Lobbyismus gegenüber Abgeordneten, Fraktionen und der Bundesregierung gelten. Das Register soll digital beim Bundestag geführt werden und öffentlich einsehbar sein. Verstöße werden mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet.

SPD-Politiker Matthias Bartke sprach von einem Meilenstein, für den seine Partei über zehn Jahre gekämpft habe. "Künftig müssen Lobbyisten detaillierte Auskünfte über ihre Vorhaben, ihre Auftraggeber und ihre finanziellen Aufwendungen machen." Lange wurde in der Koalition gestritten, ob nur Kontakte zu Bundestagsabgeordneten reguliert werden sollten oder auch zur Regierung. Bartke sagte, die SPD habe die größere Lösung durchgesetzt. "Über 90 Prozent der Gesetze werden in den Ministerien verfasst. Natürlich wenden sich Lobbyisten daher in erster Linie an die Ministerien. Künftig werden sie nun auch erfasst."

Es fehlt laut SPD aber ein noch weitergehender "exekutiver Fußabdruck", also die Veröffentlichung aller Lobbyistenkontakte und Stellungnahmen durch die Ministerien bei der Entstehung von Gesetzen. "Dies hat die Union verhindert", so Bartke. Deswegen sprach die "Allianz für Lobbytransparenz" - ein Zusammenschluss mehrerer Verbände und Organisationen - von einem halbherzigen Schritt. Sinnvoll wäre auch ein mit starken Kompetenzen und Ressourcen ausgestatteter Lobbybeauftragter gewesen. "Wenn man das Vertrauen in den politischen Prozess ernsthaft stärken möchte, darf man nicht in Trippelschritten vorgehen."

Ähnlich äußerte sich auch der Deutschland-Chef der Antikorruptionsorganisation Transparency International, Hartmut Bäumer. Er sagte der "Augsburger Allgemeinen", das Gesetz habe mehrere große Mängel. Es werde nicht ersichtlich, welche Lobbyisten bei der Erarbeitung von Gesetzen ihren Einfluss geltend gemacht hätten. "Wir werden auch in Zukunft keine Transparenz über die konkrete Lobbyarbeit bekommen oder höchstens eine sehr dünne." Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Patrick Schnieder, verteidigte dies dagegen als gute Grundlage. "Für Lobbyisten gilt künftig eine Eintragspflicht, bevor sie an Abgeordnete, an Fraktionen sowie deren Mitarbeiter herantreten. Das gleiche gilt auch bei Interessenvertretungen gegenüber der Bundesregierung - und zwar für Gespräche mit Ministerialen ab der Ebene des Unterabteilungsleiters."

Die Union wird mitten im Kampf gegen die Pandemie von einer Maskenaffäre erschüttert. Ermittelt wird wegen millionenschwerer Geschäfte mit Corona-Schutzausrüstung. In Umfragen hat die Union seit Bekanntwerden der Vorwürfe deutlich an Zustimmung verloren.

Der Immobilienverband GdW betonte, Einflussnahme werde auch über Parteispenden ausgeübt. Hier fehle es an Fortschritten. "Um echte Transparenz herzustellen, sollte im Lobbyregistergesetz ganz konkret festgeschrieben werden, dass Parteispenden vom ersten Euro an offengelegt werden müssen", forderte GdW-Präsident Axel Gedaschko.