Reuters

Bundesamt empfiehlt Ampel Kürzung von Milliarden-Subventionen

28.10.2021
um 15:22 Uhr

Berlin (Reuters) - Das Umweltbundesamt (UBA) hat einer neuen Ampel-Koalition die Kürzung von klimaschädlichen Subventionen in zweistelliger Milliarden-Höhe nahegelegt.

"Wir fordern einen Abbau-Plan für diese Wahlperiode für umweltschädliche Subventionen", sagte UBA-Präsident Dirk Messner am Donnerstag. Damit könne eine neue Regierung großen finanziellen Spielraum gewinnen. Die Vergünstigungen für Diesel, Vorteile bei der Dienstwagen-Steuer oder Befreiungen von Energie-Abgaben für die Industrie hätten sich 2018 auf insgesamt rund 65 Milliarden Euro summiert, errechnete das Amt. Fast die Hälfte entfielen auf den Verkehrssektor. Danach folgt der Energie-Bereich. "Es ist paradox, wenn der Staat mit vielen Milliarden den Klimaschutz fördert und gleichzeitig klimaschädliche Produktions- und Verhaltensweisen subventioniert", sagte Messner.

Die Verhandler von SPD, Grünen und FDP sind auf der Suche nach finanziellem Spielraum, um die nötigen Klimaschutz-Instrumente in einer Regierung zu finanzieren. Dabei haben sie in ihrem Sondierungspapier auch die Subventionen in den Blick genommen: "Wir wollen zusätzliche Haushaltsspielräume dadurch gewinnen, dass wir den Haushalt auf überflüssige, unwirksame und umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Ausgaben überprüfen."

UBA-Präsident Messner forderte rasches Handeln: "Beim Klimaschutz rennt uns bekanntlich die Zeit davon. Es ist daher wichtig, auch beim Abbau umweltschädlicher Subventionen schnell voranzukommen". Diese hemmten die Entwicklung umweltfreundlicher Produkte und gefährdeten Umwelt- und Klimaziele. "Aktuell werden ökonomische Anreize in gegensätzliche Richtungen gesetzt – mal für, mal gegen den Umwelt- und Klimaschutz", kritisierte Messner. "Ein Beispiel dafür ist das unsinnige Nebeneinander von Dieselprivileg für Verbrenner und Kaufprämien für Elektroautos."

In der Industrie müssten Vergünstigungen zielgerichteter und verlangte Gegenleistungen etwa bei der Energie-Effizienz anspruchsvoller werden. "Mehr Selektivität, weniger Gießkanne", sagte Messner. Kritisch sieht das Umweltbundesamt auch die Kaufprämien für Hybrid-Pkw, die sowohl fossil als auch elektrisch fahren können. Meist würden sie mit Benzin oder Diesel fahren, die Förderung könne entfallen. Die für reine E-Autos könne über die Jahre sinken, da die Autos billiger würden und zudem so ein Anreiz für einen schnellen Umstieg auf E-Mobilität geschaffen würde.

UBA: FLEISCH TEURER MACHEN, VEGETARISCHE NAHRUNG BILLIGER

Auch bei Lebensmitteln sieht das UBA Spielraum: Fleisch solle teurer werden, pflanzliche Nahrung günstiger: Allein der niedrigere Umsatz-Steuersatz für Fleisch koste jährlich 5,3 Milliarden Euro. Dieser solle abgeschafft werden und eine neue Regierung sich für einen niedrigen Umsatzsteursatz für vegetarische Nahrung einsetzen. So könne vom Fleischkonsum weggesteuert werden. "Das ist gesundheitsförderlich und hilft zugleich gegen den Klimawandel."

Das UBA räumte ein, ein Subventions-Abbau auf einen Schlag sei kaum möglich. Allein zwölf Milliarden Euro entfielen auf Steuervorteile für Kerosin und Flugtickets. Das sei nur auf EU-Ebene zu ändern. Auch sollten Härten für ärmere Menschen vermieden werden. Zudem sei die Höhe des Subventionsabbau nicht identisch mit dem gewonnenen finanziellen Spielraum. Ein Kurswechsel führe zwar zu klimafreundlicherem Verhalten, könne aber auf der anderen Seite den Staat auch Einnahmen kosten.