Reuters

Forschungsministerin sieht Grenzen bei Kooperationen mit Russland und China

20.01.2022
um 12:42 Uhr

- von Andreas Rinke

Berlin (Reuters) - Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat zur Vorsicht bei Wissenschafts-Kooperationen mit Russland und China gemahnt.

Es sei "grundsätzlich sinnvoll", wenn man mit beiden Ländern bei Großprojekten wie etwa dem Kernfusions-Forschungsprojekt ITER zusammenarbeite, sagte die FPD-Politikerin in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. "Wenn aber ein Projektpartner wie derzeit Russland derart eskaliert, müssen wir uns fragen, wie man künftig damit umgeht", fügte sie in Anspielung auf den russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine hinzu.

Auch mit Blick auf China rief sie zu Zurückhaltung auf. "Wir sind in einem Systemwettbewerb und vertreten andere Werte als China. Das darf man auch im Bereich der Wissenschaft nicht verleugnen", sagte Stark-Watzinger. In Forschungsbereichen mit strategischem Know-how müsse man Grenzen setzen. "Bei Drittmitteln aus China an deutschen Universitäten müssen die Verträge genau geprüft werden. Wir müssen grundsätzlich hinterfragen, was passiert mit den Erkenntnissen, gibt es eine unerwünschte Einflussnahme?", betonte Stark-Watzinger. Hintergrund sind Berichte, dass China über finanzielle Förderung von Forschungsprojekten Einfluss auf deutsche Hochschulen nehme. Die französische EU-Ratspräsidentschaft wolle das Thema Wissenschaftsfreiheit auch mit Blick auf diese Themen angehen, sagte die Forschungsministerin.

"Gerade wenn es um Technologietransfer geht, müssen wir besonders achtsam sein", sagte sie. Die Zusammenarbeit mit China im Bereich der Wissenschaft müsse man deshalb differenziert sehen. Sinnvoll sei etwa die Kooperation im Bereich großer Herausforderungen wie dem Klimawandel. "Aber wir dürfen nicht naiv sein. Zudem sind in China Staat und Wissenschaft, Staat und Unternehmen viel stärker verflochten als bei uns." Die niederländische Datenanalysefirma Datenna hatte laut "Handelsblatt" darauf verwiesen, dass bei 13.000 Joint Ventures mit ausländischen Firmen in China in etwa 30 Prozent der Fälle der chinesische Staat auf signifikante Weise involviert sei.

Stark-Watzinger machte allerdings deutlich, dass es das falsche Signal wäre, die Zahl der in Deutschland studierenden Chinesinnen und Chinesen zu begrenzen. "Der Austausch ist und bleibt wichtig. Es ist gut, wenn junge Menschen nach Deutschland kommen und unsere pluralistische Gesellschaft und unsere Demokratie kennenlernen", sagte sie. Laut Statistischem Bundesamt waren chinesische Studenten im Wintersemester 2020/21 die größte nationale Gruppe ausländischer Studierender.

Generell sprach sich die FDP-Politikerin für eine fortlaufende Überprüfung internationaler Großforschungsprojekte aus. Es sei zwar richtig, dass in der Forschung für bestimmte Projekte in der Regel nur eine staatliche Finanzierung infrage komme. "Aber wir müssen sehr darauf achten, die Kosten im Blick zu behalten. Denn wir brauchen auch Spielraum für neue Großprojekte wie etwa Großteleskope", sagte sie. In Europa müsse man bei der Forschung enger zusammenarbeiten.

Bei der weiteren Finanzierung der Forschung am Kernfusionsreaktor ITER erwartet die FDP-Politikerin keine Einwände des Grünen-Koalitionspartners. "Wir wollen uns ja als Land von fossilen Brennstoffen lösen. Im Gegensatz zur Kernspaltung fallen auch keine radioaktiven Abfälle an", sagte sie. Forschung mit Blick auf Kernfusion finde in Deutschland etwa in Greifswald oder Garching statt – "auch nach dem Ausstieg aus der Atomenergie. Wir müssen uns das Wissen über diese Technologie erhalten." fügte Von den Grünen erwarte sie bei ITER keine Einwände.