Reuters

Messebranche fordert Blankoscheck - "Tragen weitere Schließungswelle nicht mit"

19.05.2022
um 13:07 Uhr

Berlin (Reuters) - Die von der Corona-Pandemie arg gebeutelte deutsche Messebranche fordert von der Politik eine Art Freifahrtschein.

"Der Gesetzgeber muss jetzt gewährleisten, dass Messen auch im kommenden Winterhalbjahr stattfinden können - und zwar ohne jegliche Zugangs- und Kapazitätsbeschränkungen", sagte Philip Harting, Vorsitzender des Verbands der deutschen Messewirtschaft Auma, am Donnerstag. Es müsse "Messe-Machbar-Regeln" geben statt Verbote und Hygienekonzepte statt Personenobergrenzen. Die Branche brauche vor allem Planungssicherheit. "Sonst reden wir in einem Jahr erneut über ein Messehalbjahr zum Vergessen", betonte der Auma-Chef. "Eine weitere Schließungswelle tragen wir nicht mehr mit – weil wir es nicht mehr verkraften würden."

Kaum ein Wirtschaftszweig sei ähnlich hart von politischen Entscheidungen in der Corona-Pandemie betroffen gewesen, erklärte Harting. Für die Messen in Deutschland habe es im ersten Quartal 2022 erneut einen Dämpfer gegeben. Von geplanten 140 Events konnten nur rund 20 stattfinden – der Großteil davon nur im März. Im April fand laut Auma von den rund 40 geplanten Messen gut die Hälfte statt. 2021 wurden dem Verband zufolge mehr als 70 Prozent aller Messen abgesagt oder verboten, 2020 waren es fast 70 Prozent an Streichungen.

Nach Ende aller Verbote stünden die Messeplätze in Deutschland nun vor einem extrem Messesommer, den es so noch nicht gegeben habe, hieß es. Mehr als die Hälfte der noch gut 250 Branchenschauen in diesem Jahr finden im Sommer statt. Die Branche steuert damit angesichts der Virus-Pandemie um. Denn Messesaison ist sonst in der Regel das Winterhalbjahr. "In diesem Sommer wird sich nicht alles aufholen lassen, worauf die Wirtschaft zwei Jahre lang verzichten musste", sagte Harting.

Vielerorts fehlten nun Fachkräfte bei diesem dritten Neustart seit 2020. Messeveranstalter wie Dienstleister beklagen laut Auma einen enormen Verlust an hochmotivierten Mitarbeitern, weil vielen die Perspektive nach so langer Schließung fehlte. Dem Verband zufolge hängen 55 Milliarden der rund 350 Milliarden Euro an gesamtwirtschaftlichen Schäden seit Beginn der Pandemie an den Schließungen, Verboten und Verschiebungen von Messen.