Reuters

Umfrage - Inflationsrate wird im Juni trotz Tankrabatts nicht sinken

24.06.2022
um 14:22 Uhr

Berlin (Reuters) - Trotz Tankrabatt und 9-Euro-Ticket ist die deutsche Inflationsrate im Juni nach Prognose von Ökonomen nicht gesunken.

Waren und Dienstleistungen dürften durchschnittlich erneut 7,9 Prozent mehr kosten als ein Jahr zuvor, geht aus der am Freitag veröffentlichten Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters unter Ökonomen von rund einem Dutzend Banken hervor. Im Mai hatte sie mit ebenfalls 7,9 Prozent den höchsten Stand seit dem Winter 1973/1974 erreicht. Das Statistische Bundesamt will am kommenden Mittwoch eine erste offizielle Schätzung zur Preisentwicklung im Juni veröffentlichen.

"Ich rechne bei den Juni-Zahlen mit keiner Entspannung an der Inflationsfront", sagte der Chestrategie der Privatbank Merck Finck, Robert Greil. Dabei hat die Bundesregierung ein Milliardenpaket geschnürt, um eben dies zu erreichen. Die Energiesteuer auf Kraftstoffe etwa wird seit 1. Juni befristet für drei Monate "auf das europäische Mindestmaß" abgesenkt, was dem Finanzministerium zufolge 30 Cent pro Liter weniger bei Benzin und 14 Cent beim Diesel bedeutet. Zugleich wurde für 90 Tage im ÖPNV ein Ticket für neun Euro pro Monat eingeführt.

Nachhaltig günstiger ist das Leben dadurch nicht geworden - was auch für die Euro-Zone insgesamt gilt. "So haben sich die Kraftstoffe trotz der Senkung der Steuern auf Benzin und Diesel in Deutschland euro-weit im Juni gegenüber Mai um schätzungsweise 2,5 Prozent verteuert", sagte Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. "Auch bei Nahrungsmittel ist der Preisauftrieb unverändert hoch." Für die Euro-Zone erwarten die von Reuters befragten 16 Volkswirte daher einen Anstieg der Inflationsrate auf den Rekordwert von 8,3 Prozent, nach 8,1 Prozent im Mai. Das Statistikamt Eurostat legt die Daten kommenden Freitag vor.

Das Ende der Fahnenstange bei der Preisentwicklung dürfte damit noch nicht erreicht sein - vor allem nicht, sollten russische Gaslieferungen ausbleiben. "In Deutschland droht infolge der ausgerufenen Alarmstufe des Notfallplans Gas ein massiver Preisanstieg bei den Gaspreisen für private Haushalte", sagte Ökonom Jörg Angele vom Vermögensverwalter Bantleon. "Sollte die Regierung den Gasversorgern erlauben, ihr Sonderkündigungsrecht auszuüben, dürften die Preise auf breiter Front nach oben gehen." Zweistellige Inflationsraten gelten dann als unvermeidbar.

Wegen der stark steigenden Preise dürfte die Europäische Zentralbank im Juli erstmals seit elf Jahren ihren Leitzins anheben. Im September soll ein zweiter Schritt nach oben folgen.